Montag, April 28, 2025

In der Bauwirtschaftslehre wird die Kalkulation, aus der die Preisgrundlagen hervorgehen, als Urkalkulation bezeichnet; sie stellt die Basis für die Ermittlung des neuen Preises im Fall von Leistungsabweichungen dar. Im Claim-Management ist die Urkalkulation und deren Fortschreibung häufig ein strittiges Thema zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.

DDr. Katharina Müller, TEP ist Partnerin bei Müller Partner Rechtsanwälte in Wien (www.mplaw.at).

Die Vertragsparteien legen bei Abschluss des Vertrages das Wertverhältnis von Leistung und Gegenleistung fest. Das Wertverhältnis soll bei der Ermittlung neuer Preise erhalten bleiben. Das zusätzliche Entgelt (wegen Störung oder Leistungsänderung) hat sich an der in der Vereinbarung des »Grundpreises« zum Ausdruck kommenden subjektiven Äquivalenz zu orientieren. Die Ermittlung neuer Preise hat auf Preisbasis des Vertrages und – soweit möglich – unter sachgerechter Herleitung von Preiskomponenten sowie Mengen- und Leistungsansätzen vergleichbarer Positionen des Vertrages zu erfolgen. Die Bindung an den Vertragspreis soll möglichen Vertragsspekulationen vorbeugen.

Preisgrundlagen/Preiskomponenten

Der Begriff »Preisgrundlagen« umfasst alle Kostenfaktoren, die im weitesten Sinn Teil der Preisermittlung waren und auf die Kosten des AN Einfluss hatten. Sie umfasst die Menge aller Ansätze in den Kalkulationsformblättern K3 bis K7, die zum vertraglichen Gesamtpreis führen. Der Begriff der Preisgrundlagen umfasst sämtliche Aufwandswerte, Leistungswerte, Stoffverbräuche, Einheitskosten für Arbeitsstunden, Gerätestunden und Stoffeinheiten sowie den Gesamtzuschlag. Der Begriff »Preiskomponenten« beschreibt Teile des Gesamtpreises. In der Baupraxis werden Preiskomponenten in den Leistungsverzeichnissen üblicherweise in die Anteile »Lohn« und »Sonstiges« aufgegliedert. Wenn zwischen dem Vertragsabschluss und Eintritt der Leistungsabweichung Erhöhungen der Lohn- oder Materialpreise eintreten, sind diese bei der Kalkulation zu berücksichtigen.

Zur Ermittlung

Neue Preise sind, sofern vergleichbare Positionen im Hauptauftrag vorhanden sind, unter Anwendung der Preiskomponenten auf Basis der Preisgrundlagen zu ermitteln. Oftmals ist strittig, ob die geänderte oder zusätzliche Leistung vergleichbar zu einer Position im Hauptauftrag ist. Vergleichbare Positionen liegen vor, wenn die Art der Leistung, der Ressourceneinsatz und die Menge mit der geändert zu erbringenden Leis­tung vergleichbar ist. Wenn die Vergleichbarkeit nur bedingt gegeben ist, sind die Preiskomponenten sachgerecht anzupassen. Maßgeblich ist, wie der Kalkulant die Preise kalkuliert hätte, wenn ihm die Leistung von Anfang an bekannt gewesen wäre. Sind im Vertrag keine anwendbaren Preisgrundlagen für eine zusätzliche Leistung vorhanden, gilt gemäß § 1152 ABGB ein angemessenes Entgelt als vereinbart. Als angemessen ist jenes Entgelt anzusehen, das sich unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Bedachtnahme auf das, was unter ähnlichen Umständen geleistet wird, ergibt.

Es gilt der Grundsatz: „Guter Preis bleibt guter Preis und schlechter Preis bleibt schlechter Preis“. Gerade Auftraggeber neigen dazu, im Fall von guten Preisen Ist-Kostennachweise für geänderte Leistungen zu verlangen, um auf dieser Basis zu einem neuen Preis zu kommen. Konsequenz der Preisgrundlagenbindung und deren Fortschreibung ist, dass der Mehrpreis gerade nicht auf nachgewiesenen Kosten aufbaut. Er kann mithilfe kalkulativer Ansätze hergeleitet werden.

Praxistipp

Die Preisgrundlagen sind in der Regel in den K-Blättern dokumentiert, daher ist bei der Erstellung von K-Blättern ausreichendes Know-how notwendig. Zudem empfiehlt sich die Offenlegung der Kalkulation, um sich spätere Diskussionen darüber, ob man tatsächlich auf diesen Preisgrundlagen kalkuliert hat, zu ersparen. Der AG ist gut beraten, die K-Blätter im Zuge der Angebotsprüfung zu berücksichtigen, um sich ein Bild über die Kalkulation des AN zu verschaffen.

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