Montag, April 21, 2025

Neue Technologien filtern Kohlendioxid aus der Atmosphäre und machen den Klimakiller sogar zur Energiequelle.

Kohlendioxid aus der Luft absorbieren und für sich selbst zu nutzen – was für Pflanzen ganz normal ist, kommt Menschen noch immer wie Science-Fiction vor. Nur an einigen wenigen Quellen des den Treibhauseffekt auslösenden Gases, an den rauchenden Schloten der Schwerindustrie, kommen inzwischen schon Kohlendioxid-Waschanlagen zum Einsatz – und dieses Kohlendioxid muss dann möglichst tief und möglichst sicher für möglichst immer endgelagert werden. Doch der Großteil des CO2 gelangt nach wie vor in die Atmosphäre des Planeten – und bleibt dort. Eine Handvoll Unternehmen weltweit sind aber angetreten, das zu ändern.

Beim kanadischen Unternehmen Carbon Engineering zum Beispiel arbeitet man mit Hochdruck an einer Lösung, die CO2 aus der Atmosphäre saugen und dieses dann weiterverarbeiten soll. Eine smarte Idee, die auch Bill Gates finanziell unterstützt. Vereinfacht gesprochen funktioniert das System wie folgt: Mittels gewaltiger Ventilatoren wird Außenluft angesaugt, die dann durch eine kohlendioxidbindende Flüssigkeit geleitet wird. Diese nimmt 80 Prozent des CO2 auf und wird anschließend zu Kalziumkarbonatpellets weiterverarbeitet – bei hohen Temperaturen geben diese das CO2 wieder ab. Durch Zugabe von Wasserstoff lässt sich aus dem aus der Luft gewonnenen Kohlendioxid relativ einfach Treibstoff herstellen – Diesel aus der Atmosphäre. Eine kleine Pilotanlage in Calgary macht es im kleinen Stil bereits jetzt vor: Aus einer bis zwei Tonnen Kohlendioxid entstehen dort täglich etwa 500 Liter Diesel. Der Strom, der für den Prozess aufgewendet werden muss, wird schon jetzt zum Teil aus erneuerbaren Energien gewonnen, und beim Verbrennen des so gewonnenen Diesels entsteht im Unterschied zu fossilen Brennstoffen keine zusätzliche CO2-Belastung der Atmosphäre. Ein Nullsummenspiel mit Zukunft.

Neue Konzepte

Auch in Deutschland arbeitet man fieberhaft an dieser Energievision. Die Dresdner Firma Sunfire forscht dabei an vorderster Front, und das mit Etappenerfolgen: Bereits im April konnte die deutsche Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) voller Stolz und publikumswirksam ihren Dienstwagen mit aus Kohlendioxid gewonnenem Sprit betanken. Der vom Forschungspartner Audi zeitgeistig »E-Diesel« getaufte Treibstoff wird durch Hochtemperatur-Wasserstoff-Elektrolyse hergestellt, ein ähnliches Verfahren wie beim kanadischen Konkurrenten.

Die Ausfilterung des Klimagifts aus der Atmosphäre übernimmt dabei der Schweizer Partner Climeworks. Das ETH-Unternehmen sieht übrigens nicht nur in groß dimensionierten Industrieanlagen wie jenen von Carbon Engineering oder Sunfire zukünftige Einsatzmöglichkeiten. Auch die Versorgung von Gewächshäusern mit zusätzlichem CO2 lässt sich durch Kohlendioxidgewinnung aus der Atmosphäre vereinfachen. Und die Getränke- und Lebensmittelindustrie in Entwicklungsländern sieht man ebenso als zukünftige Abnehmer des aus der Luft gefilterten Kohlendioxids; in manchen Regionen macht der Transport der für Kohlensäure oder Haltbarmachung benötigten Gasmengen einen bedeutenden Anteil an den Kosten aus, die durch lokale Herstellung aus atmosphärischem CO2 vermieden werden können.

Auch wenn sich die Prototypen der kanadischen, deutschen und anderen international tätigen Technikpioniere in hoffentlich naher Zukunft in der Praxis und im großen Stil durchsetzen werden: Eine Abschwächung des Klimawandels wird durch technologische CO2-Gewinnung aus der Atmosphäre nicht zu erwarten sein. Stattdessen stellt die Technologie besonders im Verbund mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen aber einen weiteren Schritt auf dem Weg zu einem sinnvolleren Umgang mit begrenzten Ressourcen dar. Auch aus dünner Luft lässt sich so Energie gewinnen.

Meistgelesene BLOGS

Josef Muchitsch
23. Dezember 2024
Die Entscheidung, die KIM-Verordnung auslaufen zu lassen, ist ein wichtiger Erfolg für die Bauwirtschaft und alle Beschäftigten. Ursprünglich eingeführt, um den Immobilienmarkt zu regulieren, hat die ...
AWS (Amazon Web Services)
07. Jänner 2025
Jedes Jahr fordert Krebs weltweit etwa 10 Millionen Menschenleben, und die WHO geht davon aus, dass die weltweiten Krebserkrankungen bis 2040 um 60 Prozent steigen werden. Während die Welt immer noch ...
Nicole Mayer
16. Jänner 2025
Gründe für das neue Excellence Framework EuropeDas aktuelle gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Umfeld in Europa stellt Organisationen vor immer größere Herausforderungen. Exzellente Organisat...
AWS (Amazon Web Services)
23. Jänner 2025
Von Maureen Lonergan, VP, Amazon Web Services (AWS) Training and Certification Unternehmen haben bereits viel über generative KI gesprochen und versucht, die Auswirkungen auf das eigene Unternehmen zu...
Firmen | News
27. Jänner 2025
Internationale Geschäftsreisen sind ein essenzieller Bestandteil vieler Unternehmen und erfordern eine präzise Planung, um Zeit- und Ressourcenkosten zu minimieren. Gerade im europäischen Markt, wo di...
Nicole Mayer
29. Jänner 2025
Das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) und Quality Austria suchen wieder die besten Organisationen in Österreich. Bis 15. März haben Organisationen noch die Möglichkeit, sich online au...
Nicole Mayer
29. Jänner 2025
Wie wird sich der Trainingsbereich weiterentwickeln und welche Trends sind nun wirklich gekommen, um zu bleiben? Was erwartet uns 2025 im Bereich der Aus- und Weiterbildungsangebote, um den anderen im...
Alfons A. Flatscher
30. Jänner 2025
Der mündige Wähler hat Konsequenzen gezogen – und er wird es wieder tun.Die Welt befindet sich im Umbruch. Eine konservative Welle rollt: Donald Trump in den USA, Giorgia Meloni in Italien, Javier Mil...

Log in or Sign up