Sonntag, April 20, 2025

Als Folge des Hochwassers im Juni 2013 werden im Tiroler Kössen für rund 100 Objekte Erdgasleitungen in Rekordtempo gebaut. Bis Anfang Oktober soll das provisorische Heizsystem stehen.

Monate nach dem Jahrhunderthochwasser werden im Tiroler Kössen noch Spätfolgen behoben. Denn neben den renovierungsbedürftigen Gebäuden sind auch die Heizsysteme von 100 Privathäusern und Betrieben beschädigt worden. Pelletslager haben durch das Aufquellen zur sechsfachen Normgröße die Wände gesprengt, Heizöltanks wurden im Überschwemmungsgebiet durch die Auftriebskräfte aus ihrer Verankerung gerissen. Dies führte zu Wasserkontaminationen – ein insgesamt enormer Schaden.

Umstieg auf Erdgas

Als Folge steigen die betroffenen Bewohner auf Erdgasversorgung um. Erdgasleitungen bereiten im Falle einer Überflutung weit weniger Probleme. Im Notfall kann die Versorgung für einen kurzen Zeitrahmen eingestellt werden. Der fossile Energieträger ist für Kössen allerdings nicht erste Wahl, da das Dorf keinen direkten Zugang zu Erdgas hat. Zustande kam das Projekt aus der Notsituation heraus. Der nächste Winter kommt unweigerlich, bis dahin soll ein intaktes Heizsystem vorhanden sein. Auf die Frage nach einer Versorgung durch ein Nahwärmesystem antwortet Herbert Exenberger, Vizebürgermeister von Kössen, mit den finanziellen Möglichkeiten und Zeitdruck. Der Aufbau des Erdgasversorgungssystem sei die schnellste und kostengünstigste Variante. Damit hat er bedingt Recht: Erdgas ist zwar um 30 % billiger als Heizöl, aber teurer als Holzpellets.

Ein ausgesprochen ehrgeiziges Projekt

„Eigentlich ist dieses Projekt nicht möglich. Aber wir müssen helfen“, so Philipp Hiltpolt, kaufmännischer Geschäftsführer des Tigas. Bis Oktober soll auch das so genannte Inselversorgungssystem stehen. Das heißt, die betroffenen Objekte erhalten eine provisorische Erdgasversorgung. Bis Herbst 2014 sollen dann die fixen Erschließungsleitungen fertiggestellt sein.

Hinzu kommt die Frage, wie Tigas das Erdgas ausspeisen kann. LNG-Verfahren bietet die Lösung des Problems: Das Erdgas wird in Flüssigform eingelagert und so in das Gebiet transportiert. Vor Ort wird es dann wieder eingeleitet und steht als Erdgas zum Heizen zur Verfügung. Rund ein LKW pro Woche wird für das betroffene Gebiet benötigt. Für die besonders kalten Monaten, wie Januar, Februar wird eine etwas höhere Frequenz an Transportintervallen erwartet.

Die Kosten übernimmt vorerst der Gasanbieter Tigas. „Die Bewohner von Kössen werden sehr lange und sehr zufrieden mit unseren Erdgas-Leitungen sein“, so Hiltpolt. Schließlich müssen sich die Kosten für das Unternehmen auch bezahlt machen. Der Umstieg beträgt ein Gesamtvolumen von 5 Mio. Euro. Da ist alles dabei, einschließlich der Transportkosten. Das Unternehmen hat in Tirol einen Marktanteil von 90 %.

Déjà vu: Vor – und Nachteile für Kunden

Für Tigas hat das Projekt déjà vu-Charakter: In einer ähnlichen Situation sind vor acht Jahren im Tiroler Wörgl als Konsquenz des damaligen Hochwassers betroffene Bewohner zu einem Heizsystem mittels Erdgas umgestiegen. Die Vorteile dieses Heizsystems im Fall einer Überschwemmung sind einerseits klar. Ob sich Erdgas allerdings als ressourcenschonender Energieträger Namen macht, bleibt fraglich. Laut Marc Hall, Vorstandsdirektor der Wiener Stadtwerke und Obmann des Fachverbandes der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen, sollen die Erdgasreserven noch für die nächsten 250 Jahre ausreichen. Außerdem sei es auch möglich, Erdgasgemisch auch künstlich herzustellen. Dabei wäre dann der Wasserstoffanteil höher als beim herkömmlichen Erdgas.

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