Montag, April 21, 2025
Wasserkraft: Die stille Gefahr
Foto: Thinkstock

Wasserkraftwerke gelten als umweltfreundliche und sichere Alternativen zu fossilen oder Atomkraftwerken. Alter und Konstruktion mancher Staudämme machen sie aber gefährlich.

Es war eine der größten historischen Katastrophen im Zusammenhang mit Energieerzeugung: Am 8. August 1975 brach die Staumauer eines Wasserkraftwerks im chinesischen Banqiao in Folge eines Taifuns. Gewaltige Wassermassen töteten mindestens 85.000 Menschen, manche Quellen gehen gar von bis zu 230.000 Toten aus. Gemessen an den direkten Todesfällen sind Staudämme die gefährlichste Energiequelle. Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl mag inklusive ihrer Langzeitfolgen ein Vielfaches an Menschenleben gekostet haben, und auch bei Kohle- oder sogar Biomassekraftwerken gibt es auf lange Sicht gravierendere Folgeschäden für die Bevölkerung. Doch die unmittelbare Katastrophengefahr, die weltweit von Staudämmen bei Wasserkraftwerken ausgeht, wächst mit deren Alter – und der Ambitioniertheit neuer Anlagen.

Erst letztes Jahr entging der Oroville-Staudamm in Kalifornien, der größte der USA, nur knapp einer Katastrophe: Der Teufelskreis sich selbst verstärkender Erosion machte es notwendig, dass 200.000 Anwohner evakuiert werden mussten, weil die Sicherheit der Talsperre nicht länger gewährleistet war. Eine verheerende Katastrophe zeichnet sich auch im kriegsgebeutelten Irak ab – und das seit Jahrzehnten: Der Staudamm von Mossul, ein 1986 fertiggestelltes Prestigeprojekt des ehemaligen Diktators Saddam Hussein, gilt als gefährlichste Talsperre der Welt. Entgegen die Warnungen von Experten errichtet, wird auch dieses Bauwerk von Erosion bedroht – wie stark, ist ungewiss. Gewiss ist nur eins: 40 Kilometer flussabwärts liegt die 2,9-Millionen-Einwohnerstadt Mossul, die beim Bruch der Talsperre metertief unter Wasser gesetzt würde.

Tickende Zeitbomben

Andernorts wird dafür neu gebaut – mit ganz eigenen Risiken. Insbesondere in Asien ist ein regelrechter Wettlauf um die Errichtung der leistungsstärksten Staudammprojekte an der Südflanke des Himalaya im Gang. Mega-Staudämme sollen die Schluchten jener Flüsse, die vom Tibet-Plateau herabfließen, zu Energielieferanten für halb Südasien werden lassen. Die Dammkaskaden, die sich dadurch mit bis zu 20 Staudämmen hintereinander reihen, könnten allerdings durch ihre Anordnung im Katastrophenfall verheerende Dominoeffekte auslösen, wie sie auch bei der Katastrophe von Banqiao eintraten.


Weltweit gelangen zahlreiche Talsperren und Staudämme in den nächsten Jahren ans Ende ihrer Lebensdauer, und Geld für die Erhaltung oder Verbesserung der Infrastruktur ist insbesondere in ärmeren Ländern oft nicht vorhanden. Hochindustrialiserte und dicht besiedelte Länder wie Deutschland und Österreich, die in unterschiedlichem Ausmaß ihren Energiebedarf über Wasserkraft und insbesondere Speicherkraftwerke decken, halten ihre diesbezüglichen Infrastrukturen mit Millioneninvestitionen in Schuss. Im Unterschied zu Schwellenländern, aber auch zum Beispiel den USA, wo bekanntlich seit Jahren dringender Investitionsbedarf in eine an allen Ecken und Enden bröckelnde Infrastruktur besteht.
Sicher ist nur eins: Irgendwann bricht jeder Damm.

Meistgelesene BLOGS

Josef Muchitsch
23. Dezember 2024
Die Entscheidung, die KIM-Verordnung auslaufen zu lassen, ist ein wichtiger Erfolg für die Bauwirtschaft und alle Beschäftigten. Ursprünglich eingeführt, um den Immobilienmarkt zu regulieren, hat die ...
AWS (Amazon Web Services)
07. Jänner 2025
Jedes Jahr fordert Krebs weltweit etwa 10 Millionen Menschenleben, und die WHO geht davon aus, dass die weltweiten Krebserkrankungen bis 2040 um 60 Prozent steigen werden. Während die Welt immer noch ...
Nicole Mayer
16. Jänner 2025
Gründe für das neue Excellence Framework EuropeDas aktuelle gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Umfeld in Europa stellt Organisationen vor immer größere Herausforderungen. Exzellente Organisat...
AWS (Amazon Web Services)
23. Jänner 2025
Von Maureen Lonergan, VP, Amazon Web Services (AWS) Training and Certification Unternehmen haben bereits viel über generative KI gesprochen und versucht, die Auswirkungen auf das eigene Unternehmen zu...
Firmen | News
27. Jänner 2025
Internationale Geschäftsreisen sind ein essenzieller Bestandteil vieler Unternehmen und erfordern eine präzise Planung, um Zeit- und Ressourcenkosten zu minimieren. Gerade im europäischen Markt, wo di...
Nicole Mayer
29. Jänner 2025
Das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) und Quality Austria suchen wieder die besten Organisationen in Österreich. Bis 15. März haben Organisationen noch die Möglichkeit, sich online au...
Nicole Mayer
29. Jänner 2025
Wie wird sich der Trainingsbereich weiterentwickeln und welche Trends sind nun wirklich gekommen, um zu bleiben? Was erwartet uns 2025 im Bereich der Aus- und Weiterbildungsangebote, um den anderen im...
Alfons A. Flatscher
30. Jänner 2025
Der mündige Wähler hat Konsequenzen gezogen – und er wird es wieder tun.Die Welt befindet sich im Umbruch. Eine konservative Welle rollt: Donald Trump in den USA, Giorgia Meloni in Italien, Javier Mil...

Log in or Sign up