Sonntag, März 16, 2025

Der Mensch, Nachhaltigkeit und die intensive Beschäftigung mit dem Raum prägen die Tätigkeit des mehrfach prämierten chinesischen Architekten Wang Shu. Auf Einladung von Wienerberger war er zu Gast in Wien.

»Ich entwerfe ein Haus, kein Gebäude. Es gilt, die kleinen Dinge des Alltags zu entdecken.« Diese sehr direkte Einstellung zu seiner Bau-Umwelt dominiert das gesamte Gespräch mit Wang Shu. Der 1963 in der chinesischen Provinz Xinjiang geborene Architekt und Hochschullehrer, der 2012 mit der wichtigsten internationalen Architekturauszeichnung, dem mit 100.000 US-Dollar dotierten Pritzker-Preis, ausgezeichnet wurde, war auf Einladung von Wienerberger am 1. Juni in Wien. Wang Shu empfindet als Vorsitzender der internationalen Brick14-Jury besondere Verantwortung für hochwertige Architektur. Der Wienerberger Brick Award ist ein internationaler Architekturpreis, mit dem der international führende Ziegelkonzern seit 2004 alle zwei Jahre weltweit herausragende Beispiele moderner Ziegelarchitektur auszeichnet. Prämiert werden innovative Ziegelgebäude internationalen Formats, die zeigen, wie unterschiedlich und vielseitig der Baustoff Ziegel zum Einsatz kommen kann. 2012 wurde das Mapungubwe Interpretation Centre in Südafrika als Gesamtsieger ausgezeichnet. Zur Jurysitzung kam Wang Shu in den Business Park Vienna am Wienerberg, in ein Bürohaus, in dem er sich nicht wohl fühlte. »Es ist zu viel Gebäude. Es fehlt die Luft im Inneren. Ich würde nie auf diese künstliche Weise bauen«, zeigte er auf. Wie seine Architektur aussieht, beschreibt er im folgenden Interview.

(+) plus: Besuchen Sie Wien zum ers­ten Mal?

Wang Shu:
Nein, ich bin das zweite Mal da. Die Stadt gefällt mir sehr gut. Ich liebe diese sehr grüne Art der Architektur.

(+) plus: Der ökologische Aspekt ist Ihnen wichtig. Gibt es aus Ihrer Sicht dennoch Verbesserungspotenzial?

Wang Shu:
Selbst in einer perfekten Stadt gibt es immer wieder Verbesserungsvorschläge und -wünsche. Die Wiener Bevölkerung kann stolz auf ihre Stadt sein. Kleine Änderungen muss und wird es aber immer geben. Das ist gut und wichtig.

(+) plus:  Ihr architektonischer Traum ist der Aufbau einer utopischen Welt, in der nicht nur Platz für Gebäude und Menschen, sondern auch für Blumen,
Bäume, Berge und Flüsse ist.


Wang Shu:
  Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit natürlichen Materialien, mit traditionellen Handwerkstechniken. Architektur bedeutet mehr als das Errichten von kalten Silos. Es geht um Menschen und um Geschichte. Recycling hat in China eine spezielle Bedeutung. Es muss nicht immer alles physikalisch neu sein.

(+) plus:  Erfordert diese Sicht der idealen Welt auch neues Denken, Handeln, Arbeiten und Leben?

Wang Shu: 
Ja. Wir müssen mehr nachdenken über die Gründe für unser Handeln. Eine moderne Gesellschaft denkt anders. Wir müssen unsere Verantwortung ernst nehmen. Heute wissen wir, dass unsere Ressourcen begrenzt sind und dass wir die Verschwendung stoppen müssen.

(+) plus:  Wie leben Sie Ihren Traum im Alltag?

Wang Shu: 
In meinem Architekturbüro Amateur Architecture Studio entwerfe ich Häuser statt Gebäude. Das Haus ist spontan, es ist etwas Einzigartiges, Experimentelles – ganz im Gegensatz zur professionellen Architektur.

(+) plus:  Zu den bisher bedeutendsten Bauwerken Ihres Büros zählen die Bibliothek der Universität Suzhou in Wenheng, ein großteils eingegrabener Gebäudekomplex, der sich nahtlos in die Landschaft einfügt, der Xiangshan-Campus der China Academy of Art in Hangzhou, für dessen Dach mehr als zwei Millionen Fliesen aus abgerissenen Gebäuden wiederverwendet worden sind, sowie das Museum für zeitgenössische Kunst in Ningbo, für das unterschiedlichster Abraum und Bauschutt wiederverwendet wurden. An welchem Architekturprojekt arbeiten Sie derzeit?

Wang Shu: 
Ich verfolge mein erstes Projekt in Österreich. Gemeinsam mit Kollegen aus Spanien, Belgien, Norwegen, Russ­land, Chile und Japan gestalte ich im Bregenzerwälder Ort Krumbach im Rahmen des Projekts »BUS:STOP Krumbach« sieben Bushaltestellen. Bei dem Projekt lassen wir uns in einer für uns fremden Region auf eine Kooperation mit dem traditionellen Handwerk ein. Das ist die besondere Herausforderung und macht den Reiz an diesem Projekt aus.

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