Montag, April 21, 2025

IT-Technologie wird in der Energieversorgung künftig eine noch wichtigere Rolle spielen als schon derzeit. Doch auch die »traditionelle« Infrastruktur darf keineswegs vernachlässigt werden, verlautete kürzlich bei den Energy Talks in Stift Ossiach.

Von Klaus Fischer

Die Zukunft gehöre »Smart Energy«, also der Steuerung von Erzeugungseinheiten und Netzen mittels Informations- und Kommunikationstechnologien, konstatierte Christoph Mayer vom deutschen Offis-Institut für Informatik kürzlich bei den Energy Talks in Stift Ossiach. Die Übertragungsnetze seien bereits sehr stark mit derartigen Technologien ausgerüstet, nun gehe es an die Mittel- und die Niederspannungsebene. Laut Mayer ermöglicht dies, Erzeugungsanlagen auch unterschiedlicher Größen in »virtuellen Kraftwerken« zu poolen und den von ihnen erzeugten Strom auf Großhandelsplätzen wie der EEX zu vermarkten. Dies erlaube auch die Integration der erneuerbaren Energien in den Markt. Durch den verbesserten Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch könne es allein in Deutschland außerdem gelingen, im Vergleich zum Netzausbauplan 2012 »über 40 Prozent des konventionellen Netzausbaus bis 2030« zu vermeiden. So ließen sich Kosten in der Höhe von mehr als 13 Milliarden Euro sparen. Für die Anbieter entsprechender Technologien biete das »großartige Möglichkeiten «, nicht zuletzt im Export. Allerdings müsse die Politik geeignete Rahmenbedingungen schaffen, vor allem einen »funktionierenden und offenen Markt, der möglichst auf nationale Sonderregelungen verzichtet. « Andernfalls bestehe die Gefahr, »dass die Innovationen bald in anderen Ländern entstehen werden.«

Infrastruktur nutzen

Laut Horst Steinmüller, Geschäftsführer des Energieinstituts der Johannes-Kepler-Universität Linz, besteht die Herausforderung für die Energiewirtschaft in Zukunft nicht zuletzt darin, die vorhandene Infrastruktur möglichst effizient zu nutzen. Dem Energiereport gegenüber plädierte Steinmüller für die optimierte Abstimmung zwischen den Energieunternehmen und den Endkunden im Rahmen einer gezielten Energieraumplanung. Dabei müssten beispielsweise Standorte für Gewerbebetriebe so gewählt werden, dass die Nutzung der Abwärme von Erzeugungseinheiten möglich sei. Laut Steinmüller empfiehlt es sich für die Energieversorger, zu umfassend ausgerichteten und energieträgerübergreifenden »Energy Service Companies« (ESCOs) zu werden. Ihm zufolge wird künftig das Zusammenspiel von Strom-, Erdgas- und Wärmenetzen in Hybridnetzen von erheblicher Bedeutung sein. Die Netzknoten, an denen eine Energieform in die andere überführt wird, könne aber nur jemand managen, »der das Gesamtsystem kennt«. Aufgrund des Unbundlings seien dafür jedoch weder die Energieunternehmen noch die Netzbetreiber in ihrer derzeitigen Form geeignet, »weil sie bestimmte Informationen ja gar nicht haben dürfen «. Folglich werde es vermutlich notwendig sein, neue Institutionen wie eben die ESCOs als gleichsam neutrale Mittler zwischenzuschalten. Überdies ist es laut Steinmüller erforderlich, hochflexible thermische Kraftwerke wie gasbefeuerte Kraft-Wärme-Kopplungen weiterhin im Markt zu halten, weil diese für den Ausgleich der stark schwankenden Stromproduktion mittels erneuerbarer Energien benötigt werden. Dies könne unter anderem durch Kapazitätsmechanismen oder durch das im Energieeffizienzpaket geplante KWKPunkte-System erfolgen. Auch könnten die Betreiber solcher Kraftwerke von den Netzgebühren befreit werden, wenn sie Aufgaben im Sinne der Versorgungssicherheit übernehmen. Überlegen ließe sich Steinmüller zufolge allerdings auch, die KWK-Anlagen wärmegeführt zu betreiben und die Endkunden von den Haushalten bis zur Industrie zur Nutzung der Abwärme zu verpflichten.

Blick aufs Ganze

Bei alldem ist laut Michael Strebl, Geschäftsführer der Salzburg Netz GmbH, klar: Die Netze und deren Betreiber werden in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen als derzeit. Allein schon der zunehmende Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien an der Bedarfsdeckung führe zu einem »stärkeren Transportbedürfnis «. Große Windparks beispielsweise erzeugten Strom nun einmal nicht »am Ort des Verbrauchs«, wie etwa in den städtischen Ballungszentren. Und Strebl mahnte in Ossiach den »Blick auf das Ganze« ein: »Früher haben sich die Energieunternehmen gefragt, ob sie ein neues Kraftwerk bauen oder das Netz verstärken sollen. Heute ist diese Systemsicht wegen des Unbundlings verloren gegangen.« Das mache es nicht einfacher, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

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