Samstag, April 19, 2025
»Wir wollen weg vom Strommarkt«
In der Lenzing-Gruppe werden aus dem Rohstoff Holz Fasern hergestellt – für eine Vielzahl von Textil-, Vliesstoff- und technischen Anwendungen. (Fotos: Lenzing)

Welche Strategie verfolgt ein Großverbraucher von Strom in diesem hoch volatilen Umfeld? Der Faserkonzern Lenzing, einer der größten Stromverbraucher Österreichs, hat zwei klare Ziele: Dekarbonisierung und weitgehende Unabhängigkeit in der Energieversorgung.


Wie der Konzern das an seinen beiden Produktionsstandorten in Österreich, Lenzing und Heiligenkreuz, umsetzt, erzählen die beiden Energiemanager des Unternehmens, Bernhard Künl, der für den Energieeinkauf zuständig ist, und Christoph Gneiß, im Gespräch mit dem Report Verlag. Nur noch zikra 17 Prozent des gesamten Stromverbrauchs im Stammwerk Lenzing muss zugekauft werden.

Für die Eigenerzeugung im Faserwerk in Lenzing sorgt zum einen eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage. Als Brennstoff wird die Lauge (Lignin) verwendet. „Alles, was im Holz brennt, brauchen wir für die Fasererzeugung nicht“, erklärt Künl. Verwendet werde auch die Rinde in zirkulären Wirbelschichtöfen und Siedlungsabfälle, die ein Entsorgungsbetrieb zu Lenzing liefert. All das koste vergleichsweise wenig. „Und wir machen uns unabhängig, egal, was Putin macht“, ergänzt Künl.

Ein weiterer Teil der Eigenerzeugung von Strom stammt aus PV-Anlagen und von Kleinwasserkraftwerken. Die Werksdächer und eine ehemalige Deponie sind mit Paneelen ausgestattet. Lenzing besitzt den größten PV-Verbund Oberösterreichs mit einer derzeitigen Leistung von rund 7,0 MWp. Weiters sind drei Kleinwasserkraftwerke entlang der Ager – einem Ausfluss vom Attersee – im Besitz der Lenzing AG. Teil drei der Eigenversorgung sind die PPAs, Power Purchase Agreements. Diese exklusiven Strombezugsverträge aus Solar-, Wind- oder Wasserkraftwerken sind für Lenzing nicht ein wesentlicher Versorgungsfaktor, sondern auch wichtig für die Nachhaltigkeit. Mittels dieser Verträge kauft der Konzern Solarstrom aus einem PV-Park in Gleinz in der Steiermark und einem Windenergiepark an der Grenze zur Slowakei in Engelhartstetten, den WLK energy errichtet. „Drei große Windräder produzieren dort Strom für uns“, sagt Gneiß. Dieser Strom wird unabhängig vom Marktpreis über viele Jahre an Lenzing geliefert. Der Rest des benötigten Stroms wird über Ausschreibung auf Basis der Spotpreise an der Strombörse über Händler zugekauft. Seit kurzem sichert sich Lenzing die Spotpreise auch über Hedging ab.

Am Standort Heiligenkreuz sichern eine Biomasseanlage mit nachgeschalteter Turbine plus eine GuD-Anlage eine fast 100%ige Eigenstromversorgung. Seit 2013 nimmt das Werk in Heiligenkreuz am österreichischen Regelenergiemarkt teil. Es war das erste industrielle Kraftwerk, welches am österreichischen Regelenergiemarkt mitpartizipierte. Im Pool mit Energieversorgern werden auf diese Weise Strommengen vermarktet, die Netzbetreiber zur Stabilisierung der Leitungen brauchen. „Damit verdienen wir Geld und helfen mit, das öffentliche Stromnetz stabil zu halten. Eine Win-Win-Situation“, erklärt Künl.

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Bilder: Die Werksdächer und eine ehemalige Deponie sind mit Paneelen ausgestattet – mit einer Leistung von derzeit bis zu 7 MW.

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