Montag, April 21, 2025
Technik im Kontext realer Bedürfnisse
Foto: Elisabeth Lehner

Otto Preiss, Group Senior Vice President und Chief Operating Officer Digital bei ABB, präsentierte auf der Smart Automation in Linz den Wandel, den die ­Digitalisierung bereits heute bringt.

Im Fokus aller Angebote von ABB sieht Otto Preiss die drei »Ds« der Energiewende – Dekarbonisierung, Dezentralisierung und Digitalisierung, Letzteres auch als zentraler Hebel der vierten industriellen Revolution. »Digitalisierung ist aber kein Selbstzweck. Alle Techniken dazu sind im Kontext von realen Bedürfnissen zu verstehen«, betont der Manager und bringt die Energiewirtschaft als bestes Beispiel: In Dänemark gab es vor 15 Jahren sechs Großkraftwerke. Heute sind es gut 280 Kleinkraftwerke, die automatisierte Lösungen benötigen. »Ohne das zu regeln, hätte man keine Chance.«

Und die Wende ist längst auch im Verkehrssektor angekommen. ABBs Antwort darauf sind Ladelösungen für Autos, Busse und auch Schiffe. Ein jüngstes Prestigeprojekt aus den USA ist die Ausstattung von zwei Passagierschiffen bei den Niagarafällen mit Batterien mit einer Kapazität von 316 kWh. Ausreichend aufgeladen werden sie bei der Anlegestelle, wenn die Menschen aus- und einsteigen. Der Strom dafür kommt aus Wasserkraft. Ein »Power
and Energy Management System« steuert die Stromversorgung und optimiert den Energieverbrauch an Bord. »Auch das würde ohne die Vernetzung und die Digitalisierung nicht funktionieren«, erklärt er. Überhaupt sind alle Prozesse in der Wirtschaft davon erfasst: Vertrieb, Beschaffung, Handel, Konstruktion und Produktion und natürlich auch der Betrieb von Netzen, Anlagen, Gebäuden und Maschinen.

Näherrücken an die Kunden

Von den neuen Möglichkeiten nimmt der Digitalisierungsmanager auch das eigene Vertriebs- und Servicegeschäft nicht aus. In mehreren Projekten wird gerade der Erfolg von mit künstlicher Intelligenz unterstützten Verkaufswerkzeugen getestet. Dabei werden die in vielen Unternehmen gängigen Dateninseln in Vertrieb, Service und Marketing auf eine zentrale Plattform zusammengeführt und für alle Proponenten – Hersteller und Serviceanbieter ebenso wie Unternehmenskunde – zu einem besseren Ganzen vermengt. Wie sieht die installierte Basis beim Kunden aus? Wie ist das typische Kaufmuster des Unternehmens? Mit welchen Servicefragen ist das Serviceteam bei diesem Kunden beschäftigt? Und welche Wartungsarbeiten und auch Ersatztteile wären im Moment sinnvoll? »Das System berechnet Vorschläge und bietet dem Vertrieb ein passendes Rezept. Damit kommt ein Servicegedanke in den B2B-Bereich, den Konsumenten bereits auf ihrem Handy oder auf E-Commerce-Plattformen gewohnt sind.«

Mit dem »ABB Ability Marketplace« können Unternehmen Softwarelösungen und Anwendungen direkt aus dem Internet beziehen – von einem kostenfreien Test angefangen bis zum monatlichen Subskriptionsmodell. Auch Hardware wird auf diese Weise verkauft, ohne schmerzhafte Anschaffungskosten, rein mit laufenden Gebühren. Diese Flexibilität soll die typisch kleineren Produktionsbetriebe in Österreich bei der Herstellung von Teilen in geringeren Stückzahlen unterstützen können. »Gegen Massenwaren aus Fernost werden sich europäische Unternehmen nicht mehr durchsetzen, aber sehr wohl bei Qualität und individuellen Produktionsmengen bis zur Stückzahl eins«, weiß Preiss. Damit diese Rechnung funktioniere, müsse diese Fertigungsstückzahl allerdings kostengünstig möglich werden.

Genau das sei das Spielfeld eines Roboters. Mussten diese bislang aufwendig mit eigenen Programmierern – die Unternehmen heute am Arbeitsmarkt gar nicht mehr finden – eingerichtet werden, können die Prozessschritte jetzt auch visuell konfiguriert und mit Machine Learning verbessert werden. Der Manager blickt auf den Roboter-Star YuMi von ABB. »Er schaut mir zu, was ich tue. Er kopiert mich. Und er macht noch einen Vorschlag, wie man es vielleicht besser tun könnte.« Gerade bei kooperativen Maschinen sei künstliche Intelligenz der Hebel für Vielseitigkeit. Verschiedenste Größen, Formen und Lagen zu greifen und die genauen Abfolgen dazu einzurichten, wäre manuell zu programmieren viel zu aufwendig.

Daten sorgen für Erfolg

Kürzlich hat der Hersteller aus seinem bunten Baukasten der branchenübergreifenden Digitalplattform ABB Ability auch ein Condition Monitoring für den Antriebsstrang vorgestellt. Der digitale Antriebsstrang vernetzt Antriebe, Motoren, Pumpen und Lager und sorgt für Verfügbarkeit und Produktivität. Die vom Antriebsstrang erhaltenen Daten vermitteln Kunden einen besseren Einblick in ihre Anlagen. Beispielsweise wird die Lösung in kühl-, heiz-, wasser- und anderen gebäudetechnischen Anwendungen zum Einsatz gebracht. Der schwedische Wasserversorger Uppsala Vatten och Avfall nutzt die Zustandsüberwachung, um sein Bedienpersonal mit Berichten über Nutzungsmuster, Stromverbrauch und Beanspruchungsniveau der Infrastruktur zu versorgen. Die Indikatoren werden laufend aktualisiert und können jederzeit abgerufen werden. Und das Condition Monitoring bietet eine engere Zusammenarbeit, um den Kreis des Anwenders mit seinen Bedürfnissen zum Anbieter und dessen Know-how zu schließen. Experten von ABB können die Anlagen analysieren, etwa um die Auswirkungen des Umfelds auf bestimmte Komponenten zu prüfen.

Neue Aufstellung von ABB

Mit dem Verkauf der Stromnetzsparte an Hitachi, der bis Mitte 2020 abgeschlossen sein soll, fokussiert ABB nun auf vier große Sparten. Die Koordinaten sind zum einen die Elektrifizierung von Transport und Infrastruktur sowie Verteilnetzautomatisierung für E-Mobilität und etwa Rechenzentren. Dann die klassische Industrieautomation für die Prozessindustrie, Bergwerke, Öl und Gas, und unterschiedlichste weitere Industrien. Drittens: Roboter und diskrete Fertigungstechnik, mit dem 2017 übernommenen österreichischen B&R-Portfolio im Zentrum. Und schließlich Motoren und Antriebstechnik als vierter großer  Bereich.

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