Dienstag, April 22, 2025

Das Thema »Leistbares Wohnen« hat den Wahlkampf 2013 zwar inoffiziell eröffnet, ist in den letzten Wochen aber etwas in den Hintergrund gedrängt worden. An Brisanz hat das Thema aber nicht verloren. Interessensvertretungen und Unternehmen der Baubranche wollen das Thema auch in der heißen Phase des Wahlkampfs im Fokus der Politik halten.

Rund neun Millionen Menschen werden 2030 in Österreich leben, pro Jahr werden daher rund 50.000 neue Wohnungen benö­tigt. Während 2011 die Wohnungsproduktion laut dem Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) nahe am Bedarf war, ist die Tendenz seither deutlich sinkend. Gerade in den Ballungsräumen werden nicht genug neue Wohnungen errichtet. Dies schlägt sich auch bei den Wohnkosten nieder: Bei Hauptmietwohnungen stiegen die Bruttomieten laut IIBW 2012 im Mittelwert um 3,6 % auf 6,62 Euro pro Quadratmeter an. Der aktuelle Bank Austria-Report errechnet sogar einen Mietpreisanstieg im Jahr 2012 von 4,4 %. Für 2013 rechnet Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria, mit einem weiteren Anstieg der Mieten von drei Prozent während die Inflation geschätzte 1,9 % erreichen wird. Zum sozialen Sprengstoff könnte die Tatsache werden, dass von den 1,1 Millionen armutsgefährdeten Menschen in Österreich knapp ein Drittel in überdurchschnittlich teuren privaten Mietwohnungen leben müssen, weil sie sich die hohen Eigenmittelanteile in geförderten Wohnungen nicht leisten können. Deshalb wächst laut Bruckbauer der Anteil der armutsgefährdeten Bevölkerung nach Abzug der Wohnkosten vom Einkommen von 12 % auf rund 26 % der Gesamtbevölkerung.

Damit das Thema nicht noch weiter aus dem Fokus der Politik rückt, haben es sich Interessensvertretungen und Unternehmen aus der Baubranche zur Aufgabe gemacht, das Thema mit brisanten Studien und prominent besetzten Podiumsdiskussionen am Köcheln zu halten. So hat etwa die Bau!Massiv!-Gruppe gemeinsam mit dem Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) eine Analyse der Kostenentwicklung im Wohnbau der vergangen Jahren erstellt und ist dabei zu überraschenden Ergebnissen gekommen. »Die Errichtungspreise in Westösterreich sind um bis zu 50 % höher als im Osten«, sagt Andreas Pfeiler, Geschäftsführer des Fachverbandes der Stein- und keramischen Industrie. Das liegt vor allem an den unterschiedlichen rechtlichen und bautechnischen Regelungsrahmen in den Ländern. Verschiedene thermische Standards schlagen sich ebenso wie Auflagen für Stellplätze und Barrierefreiheit auf der Ausgabenseite nieder. Ein Passivhaus verursacht Mehrkosten von rund 150 Euro je Quadratmeter im Vergleich zu einem Niedrigenergiehaus, beide erfüllen jedoch die 2020-Ziele der EU-Gebäuderichtlinie.

Immer noch viel zu wenig Aufmerksamkeit wird laut IIBW-Analyse dem Thema Lebenszykluskosten geschenkt. »Eine integrierte Projektentwicklung führt günstige Kosten und höchste Qualitätsstandards zusammen«, ist Wolfgang Amann, Direktor des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen, überzeugt. Dazu werden ab dem frühesten Planungsstadium Architektur, Haustechnik und Statik aufeinander abgestimmt. Gemeinsam wird ein Gebäude entwickelt, das nicht nur bei den Errichtungskosten, sondern über den gesamten Lebenszyklus überzeugt. Denn die Entscheidungen in der Planung bestimmen zu einem großen Teil die späteren laufenden Kosten.  Dass sich gerade bei diesen Folgekosten massive Baustoffe auszeichnen können, davon ist naturgemäß Andreas Pfeiler überzeugt. »Massive Baustoffe sind eine sinnvolle Investition für langfristigen Wohnwert, maximale Zweckmäßigkeit und hohe Wertbeständigkeit«, so der Geschäftsführer de Fachverbands Steine-Keramik. »Darüber hinaus punkten massive Baustoffe durch ihren effizienten Ressourceneinsatz: Sie werden direkt in der Region hergestellt, sichern dort Arbeitsplätze und verursachen nur kurze Transportwege.«Schließlich dokumentiert die IIBW-Analyse auch die Relevanz der Economies of Scale. »Größere Projekte bedeuten günstigere Baukosten. So erreicht Wien trotz höchster Standards Baukosten von nur 1.610 Euro je Quadratmeter«, erklärt Amann.

Energie intelligent verschwenden
Auch Ziegelhersteller Wienerberger legt sich in Sachen »Leistbares Wohnen« derzeit ordentlich ins Zeug. Einer gemeinsamen Presseveranstaltung mit dem Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft Bau-Holz, Josef Muchitsch, folgte im Rahmen der Präsentation des Nachhaltigkeitsberichts eine international besetzte Podiumsdiskussion in der Wiener Urania. Dabei ging es zwar in erster Linie um die Frage, wie wir in Zukunft wohnen werden, was aber auch wieder zum Thema Leistbarkeit führte. So will der deutsche Energieexperte Timo Leukefeld den steigenden Energiepreisen mit seinem Konzept von energieautarken Häusern entgegentreten. Bei diesen aus hochwärmedämmenden Ziegeln errichteten Häusern wird nicht nur der gesamte Energiebedarf aus erneuerbaren Ressourcen gewonnen, sondern die erzeugte Energie kann auch gespeichert werden und wird nicht mehr in das öffentliche Stromnetz zurückgegeben. Leukefeld nennt das ein Konzept des »intelligenten Verschwendens« statt des »unintelligenten Sparens«. In eine ähnliche Kerbe schlug Nachhaltigkeitsexperte Michael Braungart. Seine Forderung: Bei der Diskussion um Nachhaltigkeit dürfe es nicht darum gehen, weniger zu verbrauchen oder auf Lebensqualität zu verzichten, sondern die richtigen Materialien und Stoffe einzusetzen. Ein Beispiel brachte er aus der Flugzeugindustrie, wo heute teilweise essbare oder wiederverwertbare Stoffbezüge statt der üblichen, oft schädlichen Textilien eingesetzt werden.

Auf den Boden der aktuellen Tatsachen wurde das Podium von ÖSW-Geschäftsführer Michael Pech geholt. Er forderte, die Leistbarkeit nicht aus den Augen zu verlieren, und zeigte anhand von mehreren mehrgeschoßigen Wohnbauprojekten im städtischen Bereich, wie man Wohnen attraktiv und auch leistbar gestalten kann.

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