Dienstag, April 22, 2025

Früher war Haustechnik der Überbegriff für Sanitär, Heizung, Lüftung und Klima. In den letzten Jahren schwinden die Grenzen zwischen den Gewerken und es steigt das Bewusstsein dafür, dass Home Automation mit Bedacht eingesetzt werden sollte. Von Karin Legat.

Ich weiß es noch gut: In meiner Kindheit bildeten ein alter Holzofen, der die Wohnung geheizt hat, ein Gasdurchlauferhitzer für das Warmwasser und ein Gasherd die Haustechnik unserer Wohnung«, erinnert sich Helmut Floegl, Leiter des Zentrums für Facility Management und Sicherheit am Department für Bauen und Umwelt der Donau-Universität Krems. Heute dagegen dominiert die elektrobetriebene Infrastruktur, haustechnische Anforderungen steigen. Infolge der immer dichteren Bauweise kommt z.B. dem Thema Lüftung mehr Bedeutung zu. »Durch die zunehmende Forderung nach verbesserter Wärmedämmung und Herstellung von luftdichten Gebäudehüllen wurde die Installation von Wohnraumlüftungsanlagen notwendig, die auch gleichzeitig wärmerückgewinnend arbeiten, um bereits der Wohnung zugeführte Wärme für die Temperierung der Frischluft zu nutzen«, informiert Herwig Danek, Geschäftsführer der technischen Abteilung beim gemeinnützigen Bauträger alpenland.

Ein bestimmter Stand an moderner Haustechnik ist für Innenraumklima, Sanitär, Förderanlagen und Sicherheitstechnik unbedingt notwendig. Hier kam es in den vergangenen Jahren zu einem starken Innovationsschub. »Dies lässt sich etwa im Bereich des Brandschutzes erkennen, wo immer mehr Technik ein- und verbaut wird«, berichtet Josef Weichsel, Bereichsleiter Technische Betriebsführung bei Wiener Wohnen. Vieles wird aus Komfortgründen elektrisch betrieben, von komplizierten Beleuchtungen über elektronische Steuerung von Jalousien bis zu Raumszenen und Multimedia-Entertainments. »Haustechnik nimmt zu, v.a. im energetischen Bereich«, bestätigt auch Alfred Früh vom Österreichischen Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen. Der Anteil der Haustechnik an den Errichtungskosten beträgt im modernen Wohnbau mittlerweile 10 bis 20 Prozent. Im Bürobereich ergeben sich durch die unterschiedlichen Nutzungsanforderungen spezielle haustechnische Lösungen. Moderne Bürobauten sind z.B. durchwegs mit einer Kühlung ausgestattet, was im Wohnungsbau noch relativ selten anzutreffen und in der Regel auch nicht notwendig ist. »Die sommerliche Überhitzung ist im Wohnbau anders in den Griff zu bekommen«, betont Erwin Größ, Bereichsleiter bei Mischek Bauträger und denkt an außen liegenden Sonnenschutz. Im Bürobau liegen die Haustechnikkosten zwischen 25 und 40 Prozent der Errichtungskosten. Sehr hohe Gebäude wie der IZD-Tower oder der DC Tower verfügen sogar über eigene Technikgeschoße.

Gefordert ist Abstimmung
Eigentümer und Betreiber von Immobilien, egal ob Gewerbe- oder Wohn­immobilien, stehen vor der Aufgabe, die Energieeffizienz ihrer Gebäude zu verbessern. »Dabei helfen ausgeklügelte Steuerungstechniken«, so Herwig Danek. »Die technischen Anlagen bilden den Schlüssel. Durch die Einbindung bereits im Planungsprozess werden die Anforderungen für den späteren Betrieb definiert und fließen in die Kostenschätzung ein«, informiert Jürgen Steiner, Geschäftsführer der Strabag Property and Facility Services Österreich. Technik bestimmt aber nicht nur die Energieeffizienz. Grundaufgaben der Haustechnik bilden Ent-/ Versorgung, Funktionalität, Komfort, Unterstützung bei Behinderung, Schutz, Sicherheit, Behaglichkeit, Information und Transport. »Abstimmung und Optimierung der haustechnischen Anlagen sind entscheidend. Dafür ist Verbrauchsmonitoring dringend erforderlich«, fordert Größ. Helmut Floegl bekräftigt diese Forderung, denn »drei von vier Haustechniksystemen, speziell Lüftungsanlagen von Wohngebäuden, sind z.B. falsch einreguliert. Sie brauchen viel zu viel Energie.«

Technik-Plus – Wert-Plus
Intelligente Haustechnik macht das Wohnen komfortabel wie nie zuvor. Die Fähigkeit zur Automatisierung und Fernsteuerung der Elektroinstallation ermöglicht es, dass unterschiedliche Anlagenkomponenten wie Licht, Jalousie, Lüftung und Heizung nach vorher einprogrammierten Szenarien aktiv werden. Das klingt zwar nach perfekter Wohlfühlatmosphäre, dennoch sollte Home Automation mit Bedacht eingesetzt werden. »Wer will ein Haus oder eine Wohnung, in dem bzw. der alles vorgegeben ist, alles automatisiert entschieden wird und man nur drin sitzt und nichts mehr selbst steuern kann?«, fragt sich etwa Georg Matzner vom Österreichischen Stahlbauverband. Man müsse aufpassen, dass man von der Technologie nicht überfahren wird. »Wir sind geneigt, von Smartphones und ähnlichen Produkten der Consumer-Elektronik verwöhnt zu werden. Ich muss aber nach dem Prinzip ›Keep it small and simple‹ handeln«, fordert Helmut Floegl von der Donau-Universität. Hier liegt die Zukunft im Büro- und Wohnungsbau. Die Wirtschaft als Anbieter technischer Lösungen sieht das naturgemäß anders. Aber der Benutzer darf nicht entmündigt werden. »Man kennt das aus dem Bereich Pflege. Pflegebedürftigen Menschen darf nicht alles abgenommen werden, sondern sie müssen zu Eigenverantwortung angehalten werden, wo es noch möglich ist.« Auch der Nutzer soll eigenbestimmt die Haustechnikkomponenten bedienen können und sollte sich nicht vom System automatisch verwöhnen lassen. Zudem muss jedem klar sein, dass Haustechnik alleine nicht alles schafft. »Ein funktionierendes Zusammenspiel von Haustechnik, Bauphysik und Architektur ist der Garant dafür, dass die richtigen Ergebnisse und auch Ersparnisse erzielt werden können«, so Erwin Größ von Mischek. Der positive Faktor von Haustechnik liegt in der Wertsteigerung der Gebäude durch zunehmende Home Automation. »Diese ist definitiv gegeben«, bestätigt er.

Auch Josef Weichsel unterstreicht, dass im Bereich der Haustechnik speziell durch die Neuschaffung von Aufzugsanlagen eine Wertsteigerung der Gebäude erreicht wird. Dadurch verbessert sich auch die Wohnqualität für die Mieterinnen und Mieter, gerade unter Berücksichtigung einer alternden Gesellschaft. Vergessen werden darf laut Mischek nicht auf die mit höherer Home Automation einhergehenden erhöhten Wartungskosten. Trotzdem besteht hohe Akzeptanz. »Durch die Bank werden die positiven Auswirkungen erkannt, die mit einer modernen Infrastruktur einhergehen.« Mieterinnen und Mieter stellen auch immer höhere Ansprüche an die haustechnischen Anlagen. »Sie erwarten sich eine einwandfrei funktionierende Haustechnik, legen verstärkten Wert auf erneuerbare Energieformen sowie auf eine möglichst energieeffiziente Ausstattung der Wohnhäuser«, berichtet der technische Leiter von Wiener Wohnen aus der Tagesarbeit. Alpenland sieht den Trend im Wohnbau zu erneuerbarer Energieversorgung mit Wärmerückgewinnung, »wobei Nachhaltigkeit und Unabhängigkeit in der Versorgung wesentlich die Wahl der gesamten Haustechnik beeinflussen«, bekräftigt Herwig Danek und gibt damit einen Einblick in die Haustechnik der Zukunft.

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