Dienstag, März 25, 2025

Das Cover der Juli-Ausgabe 2001.Im Juli 2001 wagte der Bau & Immobilien Report einen weiten Blick in die Zukunft. »Wohnen 2020« lautete eines der Themen, gewagte Thesen wurden aufgestellt. Auf halber Strecke angekommen, lässt sich feststellen, dass die Kollegen von damals so falsch nicht lagen.

In 20 Jahren werden wir interaktiv und von Soziologen betreut im Passivhaus wohnen«, lautete eine zentrale These der Titelgeschichte. Bei der Planung von Wohnbauten würden in Zukunft Experten aus den Sozialwissenschaften ebenso eingebunden werden müssen wie IT-Spezialisten und Umwelttechnologen. Schnellschüsse in der Projektentwicklung würde es laut Wohnbauforschern in der Zukunft nicht mehr geben. Man war zu Beginn des neuen Jahrtausends überzeugt, dass der Wohnbau qualitativ in eine rosige Zukunft steuert. Quantitativ gab es hingegen nur wenig Grund zur Freude.
Damals wie heute sorgte ein kontinuierlicher Rückgang im Wohnbau für Aufregung in der Branche. Der Verband österreichischer Ziegelhersteller fürchtete »eine Halbierung des Wohnbaus innerhalb von nur drei Jahren«, die Vertreter der Gemeinnützigen Bauträger beschworen das Schreckgespenst einer neuen Wohnungsnot. Deutlich mehr Contenance legte das Wifo an den Tag, das »keinen ausufernden Wohnbaubedarf« feststellen konnte. Auch die Forschungsgesellschaft für Bauen, Wohnen und Planen sprach von »normalen Zyklen wirtschaftlicher Prozesse«. Ob Wohnungsnot oder nicht, die Hersteller von Baumaterialien spürten die Rückgänge natürlich und hofften auf neue Bauweise wie Niedrigenergie- und Passivhaus, um den Materialverbrauch anzukurbeln. Mit Erfolg: Dafür bereitete die Vermittlung dessen, was ein Passivhaus ist und wie es richtig genützt wird, erhebliche Schwierigkeiten.

Kampf der Materialien

Damals wie heute sorgten die Vertreter der unterschiedlichen Bauweisen für einen unterhaltsamen Schlagabtausch. Damals wie heute hatte die Frage nach Bauweise und Materialien für die Bewohner aber weit weniger Bedeutung, als manchen lieb ist. Wichtiger sind immer noch Standort, Leistbarkeit und Qualität der Ausführung. »Material egal« hieß folgerichtig die Geschichte, die zeigte, dass es für jedes Material einen Markt gibt, die Grenzen langsam verschwimmen und auch Mischbauten eine Zukunft haben.

Darüber hinaus stellte der Bau & Immobilien Report fest, dass die Massivbauer klammheimlich in die Domäne der Leichtbauer eindringen. Mit massiven Fertighäusern setzten Baumeister die klassischen Fertighaushersteller stark unter Druck. Es folgte eine Pleitewelle, die auch einige Anbieter massiver Fertighäuser mit sich riss. Getroffen hat es vor allem Hersteller, die nur auf das Produkt Fertighaus setzten und die dem stagnierenden Fertighausmarkt bei wachsender Anzahl von Marktteilnehmern nichts entgegenzusetzen hatten.

 

>> Menschen im Fokus:

In der Rubrik »Menschen« bekam der damalige Wiener Wohnbaustadtrat Werner Faymann sein Fett ab. Unter dem Titel »Der Stoiker« wurde festgestellt, dass sich Faymann zwar über die Wienerberg City tierisch freue, die Frage der Anbindung an den öffentlichen Verkehr ihn aber »cool« lasse. Illustriert wurde der Artikel mit einem zum Titel passenden, aber wenig schmeichelhaften Bild. Was den schon damals als eitel geltenden Stadtrat nicht amüsierte.

Wenig zu lachen hatte im Juli 2001 auch Herbert Ludl. Sinkende Umsätze, sinkende Erträge und politische Angriffe auf die Gemeinnützigkeit machten dem Sozialbau-Chef zu schaffen. »Wenn wir jeden Tag fürchten müssen, dass jemand schlecht schläft und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz ändert, könnten wir uns den Schritt in den gewerblichen Sektor überlegen«, so ein sichtlich genervter Ludl.


Mit Problemen finanzieller Natur musste sich Carl Hennrich vom Fachverband Steine-Keramik auseinandersetzen. Die Bauinnungen drohten mit einem reduzierten finanziellen Engagement in der Massivkampagne. Wien und die Steiermark drohten mit einem völligen Rückzug aus der Kampagne. Statt etwas mehr als 13 Millionen Schilling sollten ihm plötzlich nur noch 9,5 Millionen zur Verfügung stehen. Hennrich reagierte rasch und trat in Verhandlungen mit den Baustoffhändlern Quester und Hagebau. Auch inhaltlich wurde die Werbestrategie neu ausgerichtet.  

>> Im Interview:

Harry Glück, Architekt des Wohnparks Alt Erlaa, sprach anlässlich des 25. Geburtstags der Wohnanlage im Interview mit dem Bau & Immobilien Report im Juli 2001 über die hohe Wohnzufriedenheit in Alt-Erlaa, die Wiener Wohnbaupolitik und sein Ziel, die Natur in die Stadt zurückzuholen. 
Die besten Passagen des Interviews:

Report: Alt-Erlaa wird heuer 25. Die Wohnzufriedenheit ist dort noch heute besonders hoch. Worauf führen Sie das zurück?   
Harry Glück: Das diesen Bauten zugrundeliegende Konzept könnte man grü­ne Stadt nennen, das Zurückholen der im 19. Jahrhundert aus der Stadt vertriebenen Natur. Es gibt Beispiele, dass hö­here Dichten in verkehrsfreie, parkartige Grünräume eingebettet werden können.

Report: Einen Wohnbau wie Alt-Erlaa hat es in der Größenordnung nachher nicht mehr gegeben. Warum eigentlich nicht?   
Glück: Das war nicht gewollt. Und zwar obwohl die Bauten nicht nur an der Spitze in der Akzeptanz, der Zufriedenheit und der Identifikation der Bewohner liegen, sondern obwohl sie auch in der Errichtung und in den Betriebskosten wirtschaftlicher als fast alles andere sind.

Report: Wie unterscheidet sich die damalige Wohnbaupolitik von der heutigen?   
Glück: Sie war damals wesentlich liberaler als spä­ter. Sie würden Projekte wie Alt-Erlaa heute wegen aller möglichen Vorwände zum Teil nicht mehr bewilligt und auf keinen Fall gefördert bekommen. Man hat sich heute auf etwas festgelegt, was man für den Mainstream hält.

Meistgelesene BLOGS

Nicole Mayer
25. November 2024
Globalisierung, Digitalisierung, New Work, Kriege: Die Kette der Herausforderungen, die Unternehmen zu stemmen haben, reißt nicht ab. Um in diesen unsicheren Zeiten nicht nur zu überleben, sondern sog...
Andreas Pfeiler
19. Dezember 2024
Unlängst mit der Frage »Was sind die Gründe für die sinkende Produktivität in der Baustoffindustrie?« konfrontiert, begab sich der Autor dieser Zeilen auf die Suche nach Antworten. Und wurde rasch fün...
AWS (Amazon Web Services)
05. Dezember 2024
Vor zehn Jahren eröffnete mit der AWS Europa (Frankfurt) Region die erste AWS-Region in Deutschland, die es Unternehmen aus dem DACH-Raum ermöglicht, ihre Rechenleistung und Speicher flexibel und kost...
Firmen | News
05. Dezember 2024
In der heutigen digitalen Welt eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten, finanzielle Angelegenheiten effizient zu gestalten und dabei gleichzeitig Kosten zu sparen. Moderne Online-Tools unterstützen ni...
AWS (Amazon Web Services)
11. Dezember 2024
Amazon hat sein europäisches Reverse-Logistics-Programm durch re:Cycle Reverse Logistics erweitert. re:Cycle Reverse Logistics betreibt Einrichtungen in Dublin, die Geräte aus AWS-Rechenzentren testen...
Alfons A. Flatscher
29. November 2024
Mit dem Wahlsieg von Donald Trump kündigt sich ein Paradigmenwechsel in der amerikanischen Energiepolitik an. Während die letzten Jahre geprägt waren von ambitionierten Zielen zur Reduktion der CO₂-Em...
Firmen | News
16. Dezember 2024
Kryptowährungen und Investieren erscheinen oft exklusiv und komplex, doch innovative Technologien machen sie zunehmend einfacher und für alle zugänglich. Mit einer niedrigen Einstiegsschwelle von 50 €...
AWS (Amazon Web Services)
18. Dezember 2024
Amazon Web Services (AWS) stellt 100 Millionen Dollar für benachteiligte Schüler:innen zur Verfügung, um ihnen Kenntnisse in den Bereichen KI, Cloud Computing und Alphabetisierung zu vermitteln. In de...

Log in or Sign up