Montag, Mai 19, 2025

Anti-Claim-Management ist nicht nur Sache der Bauherren, sondern auch für Bauunternehmen relevant. Sie müssen auf die Handlungen der Auftraggeber reagieren und treten gegenüber ihren Subunternehmern auch selbst als Auftraggeber auf. Gemeinsam mit KPK Rechtsanwälte zeigt der Bau & Immobilien Report, mit welchen Maßnahmen teure Streitigkeiten verhindert oder zumindest reduziert werden können. 

Tipp: Unter folgendem Link finden Sie eine Übersicht zu den wichtigsten Maßnahmen beim Anti-Claim-Management: präventiv, proaktiv und, falls es doch soweit kommt, auch reaktiv: Anti-Claim-Management - Übersicht

Auch wenn aktuell viel von kooperativer Projektabwicklung und partnerschaftlichem Bauen die Rede ist und die Baustelle am liebsten zur konfliktfreien Zone erklärt werden würde – die Praxis sieht immer noch anders aus. Nach wie vor dominieren Claim- und Anti-Claim-Management die Szenerie. Auftraggeber wollen Mehrkostenforderungen nicht zahlen, Auftragnehmer sehen sich mit Streichungen in der Schlussrechnung konfrontiert.

»Wenn diese Streitigkeiten vor Gericht enden, bleibt sehr viel Geld auf der Strecke«, erklärt Christina Kober von Pochmarski Kober Rechtsanwälte. Geld, das man laut Kober an anderer Stelle deutlich sinnvoller einsetzen könnte, etwa um Verträge oder die Organisation zu optimieren. »Ein guter Vertrag oder eine sinnvolle Projektorganisation ist im Sinne aller Beteiligten«, ist Kober überzeugt. 

Saubere Dokumentation

Eine der häufigsten Ursachen für Claim- und Anti-Claim-Management ist laut Kober die mangelhafte Dokumentation. »Techniker auf der Baustelle sind oft sehr lösungs- und zielorientiert. Leistungsabweichungen durch eine Leistungsänderung des AG oder durch eine Störung der Leistungserbringung werden nicht immer sauber dokumentiert. Dann sind Streitigkeiten im Nachhinein vorprogrammiert«, so Kober. Dazu kommt, dass die meisten Verträge von der Geschäftsführung oder den kaufmännischen Abteilungen geschlossen werden, die Techniker*innen vor Ort oder die örtliche Bauaufsicht bekommen die Verträge hingegen nie zu Gesicht. »Aber wenn die Inhalte nicht gelebt werden, hilft der schönste Vertrag nichts«, weiß Kober.

Den größten Handlungsspielraum sieht die Rechtsanwältin demnach auch nicht nur in der Vertragsgestaltung, sondern auch in dessen konsequenter Umsetzung. Damit Vertragsinhalte auch tatsächlich gelebt werden, helfe es auch, auf bewährte Vertragsschablonen wie die ÖNORM B2110 zurückzugreifen. »Deren Inhalte sind bekannt und mit den Begrifflichkeiten kann auch jeder etwas anfangen«, ist Kober überzeugt. Wichtig sei, dass in jedem Vertrag die jeweiligen Prioritäten klar definiert sind und der Vertrag sowohl zum Projekt als auch den Beteiligten passt.

Neues Rollenbild

Für sich und ihren Berufsstand wünscht sich Kober eine neue oder angepasste Rolle im Bauprozess. Zwar gebe es auch jetzt schon Projekte, wo Techniker*innen und Jurist*innen in einer frühen Phase intensiv eingebunden sind, in der Regel »kommen wir aber kurz zu Beginn bei der Vertragsunterzeichnung ins Spiel, während der Ausführung, wenn es Probleme gibt und am Ende, wenn die Schlussrechnung strittig wird«.

Laut Kober sollte ein stärkeres Augenmerk auf die Begleitung und Beratung im Vorfeld gelegt werden, die über das Korrekturlesen von Verträgen und das Abnicken von Änderungen hinausgeht. Vielmehr sollte der Fokus auf der Organisation und dem Projektmanagement liegen und gemeinsam überlegt werden, was mit den Vertragspartnern umsetzbar und sinnvoll ist.

»Der Fokus in der Vertragsgestaltung muss auf der Organisation und dem Projektmanagement liegen und es muss gemeinsam überlegt werden, was mit den Vertragspartnern umsetzbar und sinnvoll ist«, sagt Christina Kober, KPK Rechtsanwälte.

Darüber hinaus sieht sie es auch als Pflicht der Vertragserrichter, alle Beteiligten darüber aufzuklären, dass es bei jedem Projekt Änderungen geben werde. »Egal wie oft und wie groß man ›Fixpauschalpreis‹ in einen Vertrag schreibt, die Praxis zeigt, dass dieser durch Änderungen im Zuge der Abwicklung kaum haltbar ist«, weiß die Anwältin. Wichtiger sei es, für diese Widrigkeiten und zu erwartende Änderungen Vertragsmechanismen zu entwickeln, die dem gerecht werden.

Anti-Claim im Überblick

Die Übersicht (s. Link oben) teilt das Anti-Claim-Management in drei Phasen und zeigt für jede Phase wirkungsvolle Maßnahmen auf, wie man Streitigkeiten verhindern oder zumindest reduzieren kann. »Die einzelnen Maßnahmen müssen nicht bei jedem Vertragsabschluss Punkt für Punkt abgearbeitet werden, sich deren Ursache und Wirkung aber regelmäßig bewusst zu machen, lohnt sich auf jeden Fall«, so Kober. 


Über Pochmarski Kober Rechtsanwälte GmbH

KPK Rechtsanwälte ist eine Grazer Rechtsanwaltskanzlei mit Schwerpunkt im Zivil- und Baurecht. Zwei Rechtsanwälte und eine Rechtsanwaltsanwärterin vertreten Auftraggeber und Auftragnehmer sowie sonstige am Bau Beteiligte. Das Hauptaugenmerk liegt auf der rechtlichen Begleitung von Bauvorhaben während des gesamten Projektablaufes, sei es bei der Ausschreibung und Vergabe, Vertragsgestaltung, bei der Geltendmachung und Abwehr von Mehrkostenforderungen, Schadenersatzansprüchen und Gewährleistungsansprüchen oder im Streitfall außergerichtlich oder vor Gericht.

Weitere Infos: www.kpk-law.at

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