Sonntag, Mai 04, 2025
Maßnahmen zur Dekarbonisierung des Wohnungssektors

Ziel bis 2050 ist es, die Emission von Treibhausgasen aus Gebäuden auf Null zu reduzieren – dafür müssen jetzt die Weichen gestellt werden. Deshalb hat das Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen IIBW in Kooperation mit Energy Changes und der ÖGUT (Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik) ein Maßnahmenpaket erarbeitet, mit dem es gelingen kann, die Sanierungsrate zu verdreifachen und den Neubau klimaneutral zu gestalten.

Die Sanierungsrate in Österreich ist seit 2010 rückläufig und liegt heute bei nur ca. 0,7 %. Um die in der #mission 2030 bzw. im Entwurf des Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) formulierte Zielsetzung von 2 % pro Jahr zu erreichen, ist also eine Verdreifachung nötig. Im vorgestellten Maßnahmenpaket „Dekarbonisierung des Wohnungssektors“ wird für jedes Wohnungsbestandssegment ein spezifisches Maßnahmenbündel geschnürt.

In der Studie wurden 41 Einzelmaßnahmen zusammengetragen und bewertet. 13 der Maßnahmen werden als prioritär angesehen, davon betreffen fünf das Wohnrecht, vier die Wohnbauförderung und zwei das Steuerrecht.

Erarbeitet wurde das Maßnahmenpaket im Rahmen des EU-Projekts SEFIPA (Sustainable Energy Financing Platform Austria) und des Projekts „PV-Gemeinschaftsanlagen: Sondierung eines partizipativen Pilotprojekts mit Mehrwert in strukturschwachen Städten“ im Auftrag des Klima- und Energiefonds.

Download der gesamten Studie unter http://iibw.at/index.php/de-de/dekarbonisierung

 

Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick:

Modelle der Länder-Sanierungsförderung weiterentwickeln:

  • Schwerpunkt auf die Sanierung von Eigenheimen
  • Vollförderung von Energieerstberatung und Sanierungskonzepten
  • Mehr Zuschussförderungen (statt Darlehen oder Annuitätenzuschüsse)
  • Fördermodelle für Zusatzkosten beim Umstieg auf regenerative Systeme
  • Ausgewählte Maßnahmen ohne Einkommensgrenzen

 

Modelle der Wohnbauförderung Neubau weiterentwickeln:

  • Lebenszykluskosten gegenüber Baukosten in den Vordergrund stellen
  • Anreize für flächenschonendes und kompaktes Bauen
  • Anreize für Bauen am richtigen Ort (Ortskerne, bereits dicht besiedelte Gebiete)
  • Bauteilaktivierung forcieren
  • Berücksichtigung von Mobilitätsaspekten
  • Stärkere Anreize für ökologische Bauprodukte
  • Monitoring von Energieerzeugungsanlagen

 

Maßnahmen zur Dekarbonisierung von Eigenheimen:

  • Eigenheime haben das größte Potenzial der Emissionseinsparung. Um dieses Potenzial zu heben, müssen unterschiedliche Maßnahmen ineinandergreifen: Wohnbauförderung, steuerliche Anstöße, Gewerberecht zur Ermöglichung von Klein-Generalunternehmern und Bewusstseinsbildung.
  • Die Förderung umfassender Sanierungen sollte flexibler gehandhabt werden. Wenn die richtigen Maßnahmen in der richtigen Reihenfolge umgesetzt werden, spricht nichts gegen eine mehrjährige Projektlaufzeit.
  • Große Signalwirkung hätte eine „Abwrackprämie“ für nicht mehr sanierungstaugliche Eigenheime. Voraussetzung wäre in dezentralen Lagen eine Rückwidmung in Grünland, in zentralen Lagen eine nachfolgende deutliche Verdichtung.
  • Bei Eigenheimen können steuerliche Maßnahmen große Wirkung entfalten. Geeignete Ansatzpunkte sind Verkauf und Vererbung. Eine Ökologisierung der Grunderwerbsteuer bzw. der ImmoEst wäre ein starker Anreiz für umfassende Sanierungen. Eine Abstufung der Grundsteuer nach der Energieeffizienz des Gebäudes hätte große Signalwirkung. Mit denselben Instrumenten sollte auch geringer Bodenverbrauch angereizt werden.

 

Maßnahmenpaket Klimaschutz im Wohnungseigentum:

  • Einführung einer Mindestrücklage ähnlich dem gemeinnützigen Sektor
  • Verbesserte Regelungen für Beschlussfassungen in der Eigentümerversammlung
  • Maßnahmen der Dekarbonisierung sollten grundsätzlich als „Erhaltung“ gelten
  • Präzisierung von Duldungspflichten und Minderheitenrechten
  • Verbesserung der Rechtssicherheit der Hausverwaltung

 

Umstellung von Wohnungseinzel- auf regenerative Gebäudeheizungen bei privaten Mietwohnungen:

  • Bisherige Programme zur thermischen Sanierung von privaten Mietwohnhäusern hatten nicht den erwünschten Erfolg. Ein neuer Ansatz wäre, dass der Wechsel auf erneuerbare Energieträger in Verbindung mit einer Umstellung von wohnungs- auf gebäudeseitige Heizungen im Vordergrund steht.
  • Für die Finanzierung kämen eine verkürzte steuerliche Absetzbarkeit, die Ermöglichung der mehrjährigen Ansparung der Rücklage, Auspendeln aus dem Richtwert-Regime mit entsprechend höheren Mieten bei Neuverträgen, Contracting-Modelle und die Wohnbauförderung in Frage.
  • BestandsmieterInnen sollen durch Investitionen in den Umbau nicht zusätzlich belastet werden. Wohl aber haben sie die Maßnahmen zu dulden.
  • Ein zusätzlicher Anreiz für den raschen Umbau soll gesetzt werden, indem nach 10 Jahren nicht adaptierte Bauten z. B. durch Zurückstufung der Kategorie zusätzliche Mietenbeschränkungen erfahren.
  • Die Maßnahme sollte auch auf Eigentums- und gemeinnützige Bauten mit Einzelheizungen angewendet werden.

 

Wohnzivilrechtliche Maßnahmen zur Forcierung von Photovoltaik und Lade­infrastruktur für Elektromobilität:

  • Prüfung eines Rechtsanspruchs auf E-Ladeinfrastruktur
  • Prüfung einer Klassifizierung der Maßnahmen als „normale Ausstattung“ (WGG), „zeitgemäßer Standard“ bzw. „privilegierte Maßnahme“ (WEG)
  • Klassifizierung der Maßnahmen als Erhaltung
  • Nachschärfen der Duldungspflichten

 

Die Aufgabe ist nicht nur wegen der unvermeidlichen Vielzahl von anzuwendenden Maßnahmen komplex, sondern auch aufgrund der Kompetenzaufteilung auf mehrere Bundesministerien und die Länder. Eine Umsetzung sollte daher über ein Sammelgesetz und eine Art. 15a B-VG-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern erfolgen.

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