Sonntag, Mai 04, 2025
Wie Lego am Bau

Vorfertigung kann die Bauzeit um durchschnittlich die Hälfte reduzieren und Fehlerquellen minimieren. Das wirkt sich deutlich auf Baukosten und Personalbedarf aus. Vorfertigung erfordert aber auch neue Denk- und Arbeitsweisen.

Jedes Bauwerk ist ein Unikat, jedes Detail wird unzählige Male neu entwickelt. Dadurch ergeben sich Fehler, die Endqualität leidet und Arbeitspotenzial wird verschwendet. Die stationäre Industrie geht einen alternativen Weg. Die Autoindustrie plant Fahrzeuge am Computer, produziert am Fließband und liefert fix und fertig an die Nutzer. Diese Systematisierung ist effizient, spart Zeit und Kosten. »Es hat einen Grund, warum sich alle anderen Wirtschaftszeige mit diesem Thema bereits beschäftigt haben«, merkt Bernd Höfferl von pro:Holz an.

Der Baubereich sei einer der letzten. Auch hier könnten bis zu 80 Prozent der Schritte in standardisierten Modulen ablaufen. Statt separierter Einzelschritte wären Gebäudeteile mithilfe digitaler Verfahrenstechniken komplett vorgefertigt. Damit kann ein Zimmermodul oder eine Nasszelle inklusive Armaturen und Duschwanne in der Fabrik gefertigt, auf die Baustelle geliefert und dort zusammengestellt werden. Gute Planung und angepasste Logistik sowie die Abkehr vom Bauen auf der Baustelle sind das Rezept von diesem »Lego am Bau«. Dass Kreativität damit verloren geht, lässt Christian Leitner, Geschäftsführer von Lukas Lang Building Technologie, LLBT, nicht gelten.

»Vorfertigung erlaubt die vielfältige architektonische Gestaltung. Mit baugleichen Teilen kann die unterschiedlichste Architektur realisiert werden.« Hinzu komme eine hohe Flexibilität bei nachträglicher Änderung, wodurch LLBT hervorsticht.

Anreiz Arbeitserleichterung

Bild oben:  »Wir versuchen, möglichst alles zu elementieren und so viele Arbeitsschritte wie möglich im Werk vorzufertigen«, erklärt Bernhard Egert, Geschäftsführer Graf-Holztechnik.

»In den letzten fünf Jahren hat die Branche 20 Prozent der Bauarbeiter verloren«, berichtet Baumeister Hubert Rhomberg, Geschäftsführer des gleichnamigen Bauunternehmens in Vorarlberg. Mit dem bisherigen Baustellensystem kann man dem nicht erfolgreich entgegentreten. »Schnee, Regen und Hitze sind für uns deutliche Barrieren. Vorfertigung würde eine deutliche Erleichterung bringen«, betont ein Arbeiter auf einer Garagenbaustelle, der namentlich nicht genannt werden möchte. Er rechnet auch mit weniger sprunghaften Aufgaben und exakter Planung. Auch Bernd Höfferl spricht den Faktor Personal an.

»Es wird immer mehr gebaut, aber es gibt immer weniger qualifizierte Mitarbeiter.« Ohne Bekenntnis zur Vorfertigung wird der v.a. in Städten dringend benötigte Wohnraum ausgehen. Vorfertigung ist effizienter, da sie weniger Leute benötigt. Man kann im Schichtbetrieb arbeiten, Zeit- und Ablaufpläne sind besser kalkulierbar. »Ein Wandelement ist in zehn Minuten fertig, eine Wohnanlage damit in zwei oder drei Tagen«, zeigt sich Hubert Rhomberg begeistert. Auch der Einbau von Haustechnikkomponenten und Installationen im Werk sei möglich. Vorfertigung steigert zudem die Qualität der Produkte, denn bei Bauteilen kann nahezu auf den Millimeter genau produziert werden.

Bild oben: »Mit Vorfertigung ist ein Wandelement in zehn Minuten fertig, eine Wohnanlage in zwei oder oder Tagen«, sagt Hubert Rhomberg, Geschäftsführer des gleichnamigen Bauunternehmens.

»Potenzielle Fehler- und somit Kostenquellen, die sonst auf Baustellen Usus sind, werden ausgeschlossen und die Bauteile liegen jederzeit abrufbereit auf Lager«, informiert Christian Leitner. Da die Arbeiten wetterunabhängig erfolgen, ein Großteil automatisiert, kann die Bauzeit besser eingehalten werden. Reduziert sich die Bauzeit um durchschnittlich die Hälfte, wirkt sich das deutlich positiv auf die Baukosten aus. Höfferl spricht auch die Auswirkungen der Vorfertigung auf den Baustellenverkehr an. »Der Transportaufwand ist deutlich geringer, Transporte sind effizienter planbar. Ich muss nicht tausende Einzelteile zur Baustelle liefern bzw Verschnitt und Abfall wegführen.«

Holz ist prädestiniert

Sehr wichtig im Holzbau ist die bauphysikalisch korrekte Ausführung der Details. Von Vorteil sind ähnliche Größenanordnungen wie im Wohnbau. Im Industrie- und Gewerbebau können Strukturen nicht 1:1 übernommen werden. Hersteller, die z.B. auf große Hallen spezialisiert sind, müssen für den Wohnbau eine andere Strategie wählen. Einen sehr hohen Vorfertigungsgrad hat das Bauunternehmen Rhomberg, v.a. bei Holz. »In Vorarlberg ist das für uns bereits Routine«, berichtet Hubert Rhomberg. »Wir werden diese Strategie jetzt auch in Wien umsetzen«, kündigt er an und sieht für den Ansatz von Rhomberg »Nachhaltigkeit, Effizienz der Vorfertigung und hoher Architekturanspruch« viel Potenzial.

Neuer Blickwinkel

Bild oben: »Unsere Kunden erhalten von uns vorgefertigtes Brettsperrholz inklusive aller Fenster- und Türenausschnitte, Fälze oder auch Bohrungen für Elektroinstallationen. Sie müssen keine spanabhebenden Maßnahmen treffen. Mit unserem innovativen Oberflächenveredelungszentrum übernehmen wir auch die Oberflächenbehandlung. Brettschichtholz kann bis zu einem fertigen Bausatz vorgefertigt werden«, erklärt Georg Jeitler, F&E-Leiter bei Hasslacher Norica Timber.

In der Vorfertigung braucht es andere Denk- und Arbeitsweisen, besondere Herausforderung ist die Struktur der Abläufe und Prozesse. »Wir sind ein anderes Planen gewohnt«, betont Bernd Höfferl. In der Vorfertigung wird erst mit dem Bau begonnen, wenn der Plan fertig vorliegt. Die eigentliche Bauzeit wird verkürzt, die vorangehende Planung erfolgt jedoch umfassender und vorausschauender hinsichtlich Fertigung der Bauelemente, deren Transportlogistik sowie der Montage. Es ergeben sich andere Anforderungen an das Fugen der Bauteile vor Ort und an die Leistungsbilder der an der Planung Beteiligten. Die Schnittstellenkoordinierung zwischen den Gewerken wird zum entscheidenden Punkt für optimierte Bauabläufe.

Damit ändern sich die Abrechnungsmechanismen, der Vorentwurf hat einen deutlich höheren Stellenwert als etwa die Beaufsichtigung auf der Baustelle. Vom Vorfertigungsprojekt Bürohaus Tosaco in St. Pölten berichtet Christian Leitner, Geschäftsführer der LLBT: »Unser Modell ist ein abgestimmter Baukasten für schlüsselfertige Gebäude. Aus einer Vielzahl vordefinierter, industriell vorgefertigter Komponenten werden individuelle, schlüsselfertige Bauwerke in unterschiedlichster Konfiguration errichtet.« Baustellensicherheit und eine vorschriftsgemäße Bauaufsicht sind für LLBT Norm.


Dritter Publikumspreis in Folge

Der Unterweißenbacher Holzbaumeister Christian Buchner sicherte sich zum dritten Mal in Folge den begehrten Publikumspreis beim oberösterreichische Holzbaupreis. Das Sieger-Haus »Casa Beham – mitten im Leben« entstand mitten im dicht verbauten Stadtgebiet von Gallneukirchen in unmittelbarer Nähe zu zwei benachbarten Altbauten auf einem kleinen Gartengrundstück. Ein Ziel war daher, dem Holzbau eine zierliche Anmutung zu geben und diesen bestmöglich mit dem verbleibenden Gartenstück zu verbinden. Für die mit Zellulose bzw. Holzwolle gedämmte Fassade wurde eine Chaosschalung in Lärche gewählt, die bereits mit einem Vergrauungsbeschleuniger vorbehandelt war. Somit ist eine gleichmäßige, mit dem umgebenden Altbestand harmonierende Verwitterung gewährleistet.

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