Dienstag, April 29, 2025
Kampf dem Schimmel

Schimmelpilze sind allgegenwärtig – sie sind nützlich für die Umwelt, können aber die menschliche Gesundheit beeinträchtigen. In der Bauarchitektur gilt es daher, präventiv zu planen. Bei der Nutzung ist Feuchtigkeit regelmäßig abzuführen. Empfehlungen notwendiger Schritte bieten der neue Leitfaden zur technischen Bauteiltrocknung sowie der Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden – der Schimmelleitfaden.

Bis 2018 hat sich Österreich mit dem deutschen Schimmelleitfaden und dem österreichischen Positionspapier zu Schimmel aus 2015 begnügt. Da sich die gesetzlichen Anforderungen an den Neubau und bei der Sanierung bestehender Gebäude unter dem Energieeinsparaspekt verschärft haben und Schimmel sowie dessen Auswirkungen stark in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind, steht nun aufbauend auf dem deutschen Schimmel-Leitfaden aus 2017 eine rot-weiß-rote Version bereit. Anpassungen und Ergänzungen wurden in Hinblick auf in Österreich geltende Normen und Vorschriften vorgenommen.

Peter Tappler, Vorsitzender des Bundesverbandes für Schimmelsanierung und technische Bauteiltrocknung: »Aus rechtlicher Sicht ist darauf hinzuweisen, dass der Schimmelleitfaden weder Gesetz noch Verordnung ist.« Er geht aber davon aus, dass der Leitfaden den Stand der Technik darstellt und deshalb im juristischen Bereich Anwendung finden wird, etwa indem privatrechtliche Verträge, Verordnungen oder Gesetze ausdrücklich darauf abstellen oder er im Rahmen des Sachverständigenbeweises Eingang in Gerichtsverfahren findet.

Präventiv planen

Im Baugeschehen kommen Baumaterialien zur Anwendung, die als wesentliche Komponente Wasser enthalten. Die Trocknungszeit wird schwieriger und zeitintensiver. Darüber hinaus wird die Gebäudehülle immer dichter. Unsachgemäßes oder unzureichendes Lüften fördert zusätzlich die Gefahr von Feuchteanreicherung und Schimmelwachstum. Durch die Behinderung der freien Luftströmung in Gebäudeecken wird ein erhöhter Wärmeübergangswiderstand erzeugt.

Besonders bei Außenwandecken führt dies neben der Wärmebrückenwirkung zu einer zusätzlichen Absenkung der Oberflächentemperatur und damit Erhöhung der Oberflächenfeuchte entlang der Wandecke. Auszug aus dem Schimmelleitfaden: »Während an der unmöblierten Außenwand bei einer Oberflächentemperatur von 15 °C nur 70 % Oberflächenfeuchte auftritt, kommt es hinter einem Schrank an der Außenwand durch die verringerte Temperatur von 11 °C bereits zu 89 % und in der Außenecke bei 6 °C zu Tauwasserausfall.« Bei gut gedämmten Bauwerken ist eine Möblierung an der Außenwand unkritisch, solange keine zusätzlich erhöhte Innenraumluftfeuchte entsteht.

Eine erhöhte Raumluftfeuchte von 60 % führt bereits zu einer Oberflächenfeuchte von 88 %, was Schimmelbefall fördert. Eine Überprüfung der Dämmung im ersten Winter mittels thermografischer Analyse des Innenraumes zeigt, wo wärmetechnische Schwachstellen vorliegen. Jede energetische Sanierung hat neben der beabsichtigten Reduzierung des Energiebedarfs Einfluss auf den Feuchtehaushalt der Raumluft und der Baumaterialien. Im Falle einer fachgerecht ausgeführten außenseitigen Wärmedämmung wird die Möglichkeit von Schimmelwachstum durch die höheren Temperaturen an der Innenseite der Außenwände und Reduktion von Wärmebrücken verringert.

Kampf gegen Pilze und Bakterien

Bis heute gibt es keine staatliche Zulassungs- oder Zertifizierungsstelle für Schimmelsanierungsfirmen. Ebenso fehlt eine staatliche Ausbildung, die für die Schimmelsanierung notwendige Kenntnisse und Fähigkeiten umfassend vermittelt. Diverse Verbände und Institutionen bieten allerdings Weiterbildungen an, bei denen mikrobiologische, bauphysikalische und hygienische Grundlagen, Planung, Koordination und Kontrolle des Sanierungserfolges geschult werden, z.B. Bundesverband für Schimmelsanierung und technische Bauteiltrocknung oder BAUAkademie.


Wo es der Schimmel leicht hat

Schimmelpilze und Bakterien können bei ausreichender Feuchte in den meisten organischen Materialien bzw. auf Materialien mit organischen Verschmutzungen wachsen.

Leicht anfällig: Baustoffe wie Kokosdämmplatten oder Sisalkonstruktionen, die viel Feuchte aufnehmen und zusätzlich Nährstoffe enthalten
Ältere Fußbodenkonstruktionen, die oft zellulosehaltige Trennlagen enthalten, die bei Feuchteschäden sehr anfällig für mikrobielles Wachstum sind, sowie Kabelkanäle, die mit organischem Dämmmaterial gefüllt sind; an den Fußboden angrenzende Trockenbauelemente wie Gipskarton, Gipsfaserplatte, Weichholzfaserplatten und Weichfasermatten, die Feuchte gut aufnehmen können

Mäßig anfällig: Dämmstoffe wie künstliche Mineralfasern, Polyurethan, XPS, EPS und Polystyrolbeton, Holzwerkstoffe wie Span- oder OSB-Platten

Schwer anfällig: Baustoffe wie Gussasphalt, Zementestrich, Anhydrit- oder Calciumsulfat-Estrich


Buchtipp: Die beiden Leitfäden

Die beiden Leitfäden für Schimmel und Bauteiltrocknung umfassen insgesamt 300 Seiten, mehr als 40 Experten haben daran mitgearbeitet. Die Empfehlungen gelten vor allem für Büroräume, Schulen, Kindergärten, Theatersäle und andere öffentliche Räume sowie für alle Wohnräume und sonstigen Räume innerhalb der Nutzungsebene mit dauerhafter oder eingeschränkter Nutzung. Sie können als Hardcopy bezogen oder auf der Website des BM für Nachhaltigkeit und Tourismus heruntergeladen werden.

Meistgelesene BLOGS

AWS (Amazon Web Services)
07. Jänner 2025
Jedes Jahr fordert Krebs weltweit etwa 10 Millionen Menschenleben, und die WHO geht davon aus, dass die weltweiten Krebserkrankungen bis 2040 um 60 Prozent steigen werden. Während die Welt immer noch ...
Nicole Mayer
16. Jänner 2025
Gründe für das neue Excellence Framework EuropeDas aktuelle gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Umfeld in Europa stellt Organisationen vor immer größere Herausforderungen. Exzellente Organisat...
AWS (Amazon Web Services)
23. Jänner 2025
Von Maureen Lonergan, VP, Amazon Web Services (AWS) Training and Certification Unternehmen haben bereits viel über generative KI gesprochen und versucht, die Auswirkungen auf das eigene Unternehmen zu...
Firmen | News
27. Jänner 2025
Internationale Geschäftsreisen sind ein essenzieller Bestandteil vieler Unternehmen und erfordern eine präzise Planung, um Zeit- und Ressourcenkosten zu minimieren. Gerade im europäischen Markt, wo di...
Nicole Mayer
29. Jänner 2025
Das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) und Quality Austria suchen wieder die besten Organisationen in Österreich. Bis 15. März haben Organisationen noch die Möglichkeit, sich online au...
Nicole Mayer
29. Jänner 2025
Wie wird sich der Trainingsbereich weiterentwickeln und welche Trends sind nun wirklich gekommen, um zu bleiben? Was erwartet uns 2025 im Bereich der Aus- und Weiterbildungsangebote, um den anderen im...
Alfons A. Flatscher
30. Jänner 2025
Der mündige Wähler hat Konsequenzen gezogen – und er wird es wieder tun.Die Welt befindet sich im Umbruch. Eine konservative Welle rollt: Donald Trump in den USA, Giorgia Meloni in Italien, Javier Mil...

Log in or Sign up