Donnerstag, März 27, 2025
Report: Die Stadt Wien hat dem Bund nachgezogen und die Ressorts Planung und Verkehr zusammengezogen. Ist das ein Erfolgskonzept?
Schicker: Der Vorteil einer monokoloren Regierung ist, dass man Dinge zusammenfassen kann, die zusammen passen. Die Trennung von Verkehrsorganisation und Straßenbau war sicher nicht das Beste. Die Wiener Linien bleiben aber beim Finanzressort, da es dabei nicht um verkehrspolitische Fragen geht.

Es ist gleich nach Ihrem Amtsantritt deutlich geworden, dass Ihr Schwerpunkt in der Raumplanung liegt. Was wird sich in der Stadtplanung ändern?
Wir wollen mit dem Masterplan für Verkehr beginnen. Das ist keine Verkehrs- sondern eine Raumplanungsaufgabe. Dieser Masterplan soll sich mit den europäischen, den regionalen und natürlich auch den innerstädtischen Verkehrsfragen beschäftigen. Große Zielsetzung soll weiterhin die Verlagerung auf öffentliche Verkehrsmittel sein. Nördlich der Donau muss eine Tangentialverbindung den Bewohnern erleichtern, auf den öV umzusteigen.

Werden Sie da mit den Grünen zusammenarbeiten?
Jede Partei, die um die Folgen des motorisierten Individualverkehrs weiß, ist eingeladen, mit uns zusammenzuarbeiten. Den Bau von Radwegen wollen wir wieder zurückholen in die Zentralkompetenz. Es hat sich nicht bewährt, dass Bezirke Radwege bauen, da gibt"s an den Bezirksgrenzen unerquickliche Ereignisse. Der zweite Bereich, der sich in der Stadtplanung weiterentwickeln soll, ist die bessere Gestaltung der Bürgerbeteiligung. Wir haben hervorragende Modelle mit der Planungszelle bei der Gestaltung des Yppenplatzes. Das man kann ausweiten auf andere Plätze und Straßenräume. Man sollte die Planungszelle nutzen, um die Frage der sechsten Donauquerung, der Nordost-Umfahrung Wiens oder alternativer Lösungen zu beantworten.

Haben Sie da nicht Angst, der Infrastrukturministerin in die Quere zu kommen? Es handelt sich ja um Bundesstraßen.
Die Planung der Bundesstraßen obliegt aber dem Land. Das Konfliktpotential sehe ich eher in der Finanzierung. Bei uns gibt es wesentlich höhere Frequenzen als auf kleinen Straßen in den Bundesländern, wo hervorragende Lösungen gefunden worden sind, die man Wien aber bisher verweigert.

Die Südost-Tangente ist immer wieder Konfliktpunkt. Wie soll es da weitergehen?
Die wird in den nächsten Jahren totalsaniert werden müssen, das bedeutet: Baustelle jeden Sommer, aber keine Spurerweiterung. Eine substantielle Entlastung der Tangente kann ich mir aber nicht vorstellen, auch wenn die B 301 in Betrieb geht.

Thema Hochhaus: Man hat den Eindruck, dass der Hochhausboom langsam zum Stillstand kommt.
Ein Moratorium für Hochhäuser kommt nicht in Frage, aber die Neuwidmung von Standorten wird an bestimmte Bedingungen geknüpft. Mit den Vorschlägen, die von Architekten vorliegen, soll bis September ein Entwurf für ein Hochhauskonzept zur Verfügung stehen. Es sollen die Zonen definiert werden, wo Hochhäuser zugelassen werden und wo nicht. Ein Eckpunkt muss die leistungsfähige Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr sein. Weitab von Schnellbahn und U-Bahn werden Hochhäuser künftig wohl nicht sinnvoll sein. Zweitens wird man auf die Sichtachsen Rücksicht nehmen müssen - das Fiat-Hochhaus neben Schönbrunn ist also sicher kein Thema mehr. Wir werden auch auf die Konzentration von Hochhäusern Rücksicht nehmen müssen, gegenüber einzelnen Stosszähnen, die in die Landschaft gestellt werden.

Ein Punkt in der Hochhausstudie, die Ihr Vorgänger Bernhard Görg beauftragt hatte, ist das Bonussystem in den USA, nach dem für die Schaffung öffentlicher Plätze höher gebaut werden darf. Ist das für Sie ein Thema?
Die öffentliche Hand vergibt durch Flächenwidmungen Vorteile für Investoren oder beschränkt sie. Public Private Partnership in diesem Bereich kann nur heißen, dass private Investoren einen Beitrag zur Infrastruktur und zur Attraktivierung des Umfeldes leisten. Das beginnt bei der Zurverfügungstellung eines Grundes für eine Schule und geht bis zur Gestaltung von städtischen Plätzen. Solche Festlegungen über die Bauordnung kann ich mir nicht vorstellen, da wird uns der Verfassungsgerichtshof nicht lieben.

Bernhard Görg hat gemeint, dass in seiner Zeit als Stadtrat aus Planungen Realisierungen geworden sind. Stimmen Sie dem zu, oder anders gefragt: Was hinterlässt Görg?
Er hinterlässt eine wohlgeordnete Geschäftsgruppe, die jetzt um die Verkehrsorganisationsbereiche ergänzt worden ist. Der Planungsstadtrat hat den Vorteil, für die Zukunft wirken zu können und den Nachteil, Projekte aus der Vergangenheit zu realisieren.

Das heißt, Sie sehen noch einige Probleme auf sich zukommen?
Ja, ich muss damit rechnen, dass aus gewährten Widmungen da und dort noch Diskussionen entstehen. Das ist der Punkt, wo ich glaube, dass man in der öffentlichkeitsarbeit und Partizipation weitere Schritte setzen muss. Wir haben am Beginn einer Flächenwidmung manchmal eine öffentliche Diskussion. Dann fasst der Gemeinderat den Beschluss und alles schläft wieder ein. Nach sechs Jahren wird auf einmal um Baubewilligung eingereicht, die Bagger fahren auf und die Menschen sagen: Davon habe ich nichts gewusst. Ich denke, dass es uns gelingen muss, ein Informationssystem aufzubauen, wo die Anrainer die Chance haben, das, was schon genehmigt ist, auch zu sehen. Wir müssen die Projekte visualisieren und ins Netz stellen. Also mehr Transparenz für die Menschen, die keine Raumplanungsausbildung haben.

Görg hat vor der Wahl gemeint, Wien würde wirtschaftsfeindlich, wenn Rot-Grün kommt, Investoren würden ausbleiben. Sehen Sie schon änderungen in der Investorentätigkeit?
Weil wir jetzt Rot allein haben? Wir haben das in Wien über so viele Jahrzehnte gehabt, das hat der Stadt nicht geschadet.

Das Thema Architekturwettbewerbe hat in Wien in den letzten Wochen Aktualität bekommen - die Messe, wo gar kein Wettbewerb stattgefunden hat, Schule Katharinengasse, Albertina und so weiter. Wollen Sie da etwas ändern?
Die Messe so zu vergeben, war sicher nicht das, was diesem Areal adäquat ist. Die Hinzuziehung eines renommierten Architekten, die ja übrigens auch freihändig vergeben wurde, ist sicher von Vorteil. In den Bereichen, die nicht von diesem Planungsauftrag betroffen sind, wird aber nichts ohne Wettbewerb gemacht. Den vergebenen Auftrag zu stoppen, können wir uns nicht leisten, wenn wir weiter eine Messe haben wollen. Bei der Katharinengasse sind Fehler innerhalb der Stadt passiert. Ich sehe jetzt die Möglichkeit, mit der Zusage, aus dem Wettbewerbsprojekt ein beschleunigtes Widmungsverfahren zu machen, den Investoren den Wettbewerb schmackhaft zu machen. Was die Architekten betrifft: Die Wettbewerbsordnung ist etwas Nettes, aber als Stadt kann ich mir über sie nicht die Preise in die Höhe treiben lassen. Ich kenne die Probleme der Architekten, die sie in einem Wettbewerb als Anbieter haben, nur steht auch die Stadt in Konkurrenz und hat kein frei verfügbares Budget.

Seit einigen Jahren liegt ein Konzept von Boris Podrecca für die Gestaltung des Donaukanals in der Schublade. Wollen Sie das aktivieren?
Ja. Wir werden bis Ende Mai das Donaukanal-Management bestellt haben. Da werden Personen dabei sein, die mit dem Thema gut vertraut sind. Namen möchte ich aber noch keine nennen. Soweit das ohne überstrapazierung des Kanalbaubudgets machbar ist, soll das Konzept zügig realisiert werden.

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