Sonntag, April 20, 2025
»Die Nachrüstung einer privaten Ladeinfrastruktur muss auch rechtlich einfacher werden«

Ute Teufelberger, Vorsitzende des Bundesverbands Elektromobilität Österreich (BEÖ), im Gespräch über das Wechselspiel von Infrastruktur und Verfügbarkeit von E-Cars in Europa – und was dazu noch in Österreich geschehen sollte.

(+) plus: Welchen Faktor spielt Elektromobilität bereits auf Österreichs Straßen? Und welches Engagement gibt es dazu bei Landesenergieversorgern?

Ute Teufelberger: Derzeit sind rund 23.000 Elektroautos auf Österreichs Straßen rein elektrisch unterwegs. Auch der Anteil von E-Autos an den Neuzulassungen steigt in Österreich laufend an. Bis Ende April 2019 sind 3.266 vollelektrische E-Autos hinzugekommen, das sind um 50 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2018. Aktuell liegen wir bei rund drei Prozent E-Pkw bei Neuzulassungen. Als BEÖ kümmern wird uns um die Errichtung der Infrastruktur. Alle Landes- und auch kommunalen Energieversorger bauen derzeit ihre E-Ladestationen aus und sorgen dafür, dass das Netz ab 2030 rund 20 Prozent E-Autos verträgt. Wir erfüllen unsere Aufgaben und hoffen darauf, dass die Autoindustrie das ebenfalls tut.

(+) plus: Wie schnell wird der Markt für Elektrofahrzeuge in Europa überhaupt wachsen? Was ist Ihre Erwartung?

Teufelberger: Für die kommenden Jahre erwarten Experten einen starken Aufwärts­trend bei der Elektromobilität. Notwendig ist dabei aber immer das Zusammenspiel zwischen der Verfügbarkeit neuer E-Auto-Modelle und dem Ausbau der Lade-Infrastruktur. Die aktuellen Strategien der großen europäischen Autohersteller wie VW, Daimler und BMW sehen für E-Fahrzeuge im Jahr 2025 einen Marktanteil von 20 bis 25 Prozent an den verkauften Neufahrzeugen vor. China und vor allem Norwegen bleiben laut dem Center of Automotive Management (CAM) die Treiber der globalen Elektromobilität. In China hat sich im ersten Quartal 2019 die Nachfrage von E-Fahrzeugen mehr als verdoppelt. In Norwegen stieg der Anteil von E-Fahrzeugen im ersten Quartal 2019 auf 61 Prozent. Aufgrund der EU-Vorgaben erwarten wir für Österreich einen Markthochlauf an E-Fahrzeugen ab 2021, jedoch, wie schon erwähnt, abhängig von der Verfügbarkeit der E-Autos.

(+) plus:  Mit welchem Ziel sind Sie als Vorsitzende des BEÖ im Februar angetreten? Was sind Ihre wichtigsten Anliegen in dieser Funktion?

Teufelberger: Der BEÖ wurde gegründet, um ein öffentliches, roamingfähiges Ladenetz aufzubauen. Das hat sehr gut funktioniert. Mit 5.500 Ladepunkten, davon 3.500 im BEÖ-Netz, zählt Österreich innerhalb Europas bereits heute zu den Vorreitern beim Ausbau der öffentlichen Ladestationen. Die heimischen Energieunternehmen – Mitglieder im BEÖ – haben in den letzten Jahren massiv in den Ausbau der Ladeinfrastruktur investiert. Eines meiner wichtigsten Anliegen ist die Verbesserung beim Roaming, damit das Laden und Bezahlen für unsere Kunden sowohl in Österreich als auch im benachbarten Ausland einfacher werden.

Ein weiteres, wichtiges Anliegen ist der Bereich des privaten Ladens. Wir wissen, dass 80 bis 90 Prozent der Ladungen zu Hause oder am Arbeitsplatz stattfinden. Und damit dies noch alltagstauglicher wird, geht es um Anpassungen im Wohnungseigentums- und Mietrecht, damit wir auch Ladestationen etwa im urbanen Bereich leichter errichten können.

(+) plus: Seit Mitte Mai gibt es nun ein gemeinsames Roaming mit dem Schnelllade-Anbieter Smatrics. Warum hat es bis zu dieser Kooperation so lange gedauert?

Teufelberger: Diese Kooperation ist ein wichtiger Meilenstein für die Elektromobilität in Österreich: Die elf großen Energieunternehmen des Landes und Smatrics haben ihre Ladestationen zu Österreichs größtem und schnellstem Ladenetz verbunden. Ab sofort stehen damit 3.500 öffentlich zugängliche Ladepunkte zwischen Eisenstadt und Bregenz zur Verfügung. Diese Partnerschaft bedeutet für E-Autofahrer, dass sie mit ihrer jeweiligen Ladekarte BEÖ- oder Smatrics-Ladestationen aktivieren können. Mit dieser Kooperation entsteht auch eines der dichtesten Ladenetze für Elektroautos in Europa. Mit nur einer Karte oder App eines Partnerunternehmens hat man jetzt einen einfachen Zugang und vor allem die Sicherheit, immer eine Ladestation in seiner Nähe zu haben. Und diese Ladenetz wird in den nächs­ten Monaten mit weiteren Partnern auch international wachsen.

Warum das so lange gedauert hat? Jedes dieser zwölf Partnerunternehmen hat seinen eigenen Provider und seine eigene IT. Diese Systeme galt es untereinander abzustimmen und, wenn man so will, in eine einheitliche Sprache zu übersetzen. So etwas braucht einfach Zeit.

(+) plus: Mit welchen Maßnahmen sollten die Anschaffung und Nutzung von E-Autos in Österreich gefördert oder unterstützt werden? Welche Empfehlungen und Wünsche an die Politik haben Sie dazu?

Teufelberger: Die österreichische Bundesregierung und die Fahrzeugimporteure haben per 1. März 2019 ein umfangreiches Förderpaket für E-Mobilität beschlossen. In diesem Förderprogramm gibt es Ankaufsförderungen für E-Pkw wie auch Förderungen von Heimladestationen. Entscheidend für die Forcierung der E-Mobilität ist und bleibt der Kaufpreis für die E-Autos. Deshalb fordern wir, die Umsatzsteuer für E-Fahrzeuge abzuschaffen – ähnlich wie in Norwegen – oder sie zumindest zu senken.

Damit E-Mobilität jedoch noch alltagstauglicher werden kann, muss auch die private Ladeinfrastruktur ausgebaut werden. Hier braucht es, wie bereits erwähnt, eine deutliche Vereinfachung für Bewohner von Mehrparteienhäusern, wenn sie zum Beispiel Wallboxen installieren möchten. Derzeit exis­tieren erhebliche rechtliche Hürden – die gilt es zu beseitigen.

(+) plus: Welche gesetzlichen beziehungsweise technischen Hürden sind hier zu überwinden?

Teufelberger: Am praktischsten wäre ja ein Strom-Ladeanschluss für das E-Auto direkt am Wohnort. Doch was für private Hausbesitzer relativ einfach machbar ist, kann für jene, die in einer Wohnung leben, sehr schwierig sein. Vor allem dann, wenn es sich um ein Mehrparteienhaus oder eine Wohneigentümergemeinschaft handelt. Denn ohne die Zustimmung aller Eigentümer geht meist gar nichts. Die Nachrüstung einer privaten Ladeinfrastruktur muss ähnlich wie die Privilegierung von Multimediadiensten im Wohnungseigentumsgesetz und Mietrechtsgesetz einfacher werden, damit der Umstieg auf Elektromobilität gelingen kann.

(+) plus: Welche Erfahrungen haben Sie persönlich mit Elektromobilität? Welches Fahrzeug fahren Sie?

Teufelberger: Ich fahre seit rund zwei Jahren privat wie beruflich elektrisch. Mein Fahrzeug ist ein BMW i3. Und ich muss sagen, es ist ein reines Vergnügen, elektrisch unterwegs zu sein. War es anfangs eine gewisse Umstellung und sicherlich auch mehr Planung notwendig, so ist es heute für mich Alltag – und gleichzeitig hab ich auch noch ein gutes Gefühl dabei.

Über den BEÖ

Der Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ) vertritt die Interessen von elf Energieversorgungsunternehmen in Österreich und setzt sich für eine flächendeckende, offene und interoperable Versorgung mit Elektromobilität aus erneuerbarer Energie in Österreich ein. Die Mitglieder sind Energie AG Vertrieb GmbH, Energie Burgenland Wärme und Service GmbH, Energie Graz GmbH & Co KG, Energie Steiermark Kunden GmbH, EVN AG, Innsbrucker Kommunalbetriebe AG (IKB), KELAG-Kärntner Elektrizitäts-Aktiengesellschaft, LINZ Strom GmbH, Salzburg AG/ElectroDrive Salzburg GmbH, Vorarlberger Kraftwerke AG (VKW) und Wien Energie GmbH.
Infos: www.beoe.at

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