Freitag, April 25, 2025

Das Thema Flüchtlinge spaltet das Land. Eine ganze Reihe namhafter Unternehmen zeigt Zivilcourage und engagiert sich in der Flüchtlingshilfe. Ressentiments von Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern bleiben nicht aus.

In den vergangenen Monaten durchquerten hunderttausende Flüchtlinge Österreich. Die meisten von ihnen zog es nach Deutschland, immer mehr entschließen sich aber, in Österreich zu bleiben. Bis Ende Oktober wurden heuer insgesamt rund 63.000 Asylanträge gestellt, elf Prozent stammten von unter 18-Jährigen, die ohne Verwandte über die Grenze kamen.

Wirtschaftsexperten sind sich indessen einig, dass sich durch die mehrheitlich jungen, motivierten und teilweise gut qualifizierten Flüchtlinge auch eine große Chance für Europa und die darbende Konjunktur ergibt – vorausgesetzt, sie werden rasch in den Arbeitsmarkt integriert. Wirtschaftskammer und AMS wollen deshalb in ihre Initiativen verstärkt Zuwanderer einbeziehen. Viele österreichische Unternehmen gehen bereits einen Schritt weiter und eröffnen Asylwerbern mit eigens geschaffenen Ausbildungsstellen die Möglichkeit, rasch Fuß zu fassen. Andere stellen unbürokratisch nicht genutzte Firmengebäude als Quartiere zur Verfügung oder organisieren Deutschkurse und Freizeitaktivitäten.

Nicht überall wird dieses Engagement gutgeheißen: Die FPÖ und unzählige Hassposter mobilisierten in sozialen Medien gegen hilfsbereite Unternehmen und riefen sogar zum Boykott bestimmter Handelsketten auf. Vor allem die drei großen Mobilfunker A1, T-Mobile und 3 sahen sich durch gezielt lancierte Falschmeldungen, sie würden teure Smartphones gratis an Flüchtlinge verteilen, zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Auch von den Behörden wird der gute Wille der Unternehmen gebremst. Freien Zugang zum Arbeitsmarkt haben nur bereits anerkannte Flüchtlinge. Asylwerber, deren Verfahren noch läuft, dürfen frühes-tens nach drei Monaten als Selbstständige oder Saisonarbeiter beschäftigt werden oder gegen ein kleines Taschengeld gemeinnützige Tätigkeiten verrichten. Das Asylverfahren dauert jedoch mindestens vier Monate, meist mehrere Jahre. Nur wer jünger als 25 Jahre ist, kann eine Lehre beginnen – allerdings nur in sogenannten »Mangelberufen«, in denen nicht genügend inländische Arbeitskräfte gefunden werden. Dazu kommt das Risiko einer Abschiebung, vor der auch Lehrlinge nicht geschützt sind. Ist ihr Verfahren nach Abschluss der Ausbildung noch nicht entschieden, dürfen Asylwerber zudem nicht weiterbeschäftigt werden.

Nicht nur in Tourismus und Landwirtschaft ­wären Asylwerber willkommene ­Arbeitskräfte, meint Klaus Lercher, Geschäftsführer Trenkwalder Personaldienste GmbH.

Report(+)PLUS: Wie kann die Integration am Arbeitsmarkt gelingen?

Klaus Lercher: Grundsätzlich muss am Arbeitsmarkt zwischen Asylwerbern und anerkannten Flüchtlingen unterschieden werden. Es ist nicht korrekt, dass jeder »Flüchtling«, wie man im Volksmund gerne sagt, nicht arbeiten darf. Die anerkannten Flüchtlinge haben bereits ein abgeschlossenes Asylverfahren und dürfen in Österreich leben und arbeiten, wenn sie über eine entsprechende Berechtigung – eine Beschäftigungsbewilligung – verfügen. Obwohl es grundsätzlich für alle Branchen die Möglichkeit gibt, Beschäftigungsbewilligungen zu beantragen, werden diese zurzeit verstärkt für Saisonarbeit in Tourismus und Landwirtschaft ausgestellt. Integration wäre durchaus auch in anderen Branchen möglich. Durch eine Beschäftigung über Arbeitskräfteüberlassung, die aufgrund der derzeitigen gesetzlichen Lage jedoch nicht möglich ist, könnte die Integration am Arbeitsmarkt schneller vorangetrieben werden.

Report(+)PLUS:  Welche Möglichkeiten bietet Zeitarbeit?

Lercher: Wenn eine Beschäftigung über Zeitarbeit zukünftig möglich sein sollte, können wir als Personaldienstleister über den Sozial- und Weiterbildungsfonds Deutschkurse sowie Aus- und Weiterbildungen fördern. Damit werden Sprach- und Fachkenntnisse vertieft. Bildung und adäquate Deutschkenntnisse sind ein wichtiger Bestandteil zur Integration – nicht nur am Arbeitsplatz, auch in der Gesellschaft. Darüber hinaus kann dem Facharbeitermangel so teilweise entgegengewirkt werden.

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