Samstag, April 05, 2025

Teamarbeit ist effizient. So lautet ein weit verbreitetes Credo. Das ist nicht immer so. Denn Teamarbeit hat auch Schattenseiten. Der Einzelne kann sich leicht hinter seinen Kollegen verstecken.

Kennen Sie den „Ringelmann-Effekt“? Maximilian Ringelmann, ein französischer Agraringenieur, untersuchte 1882 die Leistung von Pferden. Er fand heraus: Die Leistung zweier Pferde beim gemeinsamen Ziehen einer Kutsche ist nicht doppelt so hoch wie die eines einzelnen Pferds. Fasziniert von dieser Entdeckung dehnte Ringelmann seine Untersuchungen auf Menschen aus. Beim Tauziehen stellte er fest: Je mehr Männer an einem Seil ziehen, umso geringer ist die Leistung des Einzelnen. Ringelmanns Erklärung: Je größer eine Gruppe ist, umso weniger wird die individuelle Leistung wahrgenommen. Entsprechend sinkt der persönliche Einsatz. Es kommt zur Sozialen Faulenzerei.

Mitarbeiter wollen Bestätigung

Für Unternehmen ist der „Ringelmann-Effekt“ laut  Unternehmensberater Georg Kraus einer der größten Feinde der Effizienz. Kraus bezeichnet dieses Phänomen als „Schattenseite der Teamarbeit“. Denn mit Teamarbeit könne zwar ein höherer Output erzielt werden – speziell bei Aufgaben, die unterschiedliche Expertisen erfordern. „Es kann aber auch die gegenteilige Wirkung eintreten“, warnt Kraus. „Denn wenn man sich im Team verbergen kann, ist für den Einzelnen die Versuchung groß, selbst weniger Einsatz zu zeigen.“ Entsprechend wichtig sei es für Unternehmen, den „Ringelmann-Effekt“ zu vermeiden. Das ist nur möglich, wenn die Unternehmen wissen, welche Faktoren dazu beitragen, dass Teammitglieder weniger Engagement zeigen? Kraus nennt die wichtigsten Aspekte. Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben „Meine Leistung trägt wenig zum Gesamterfolg bei“, dann zeigen sie auch wenig Einsatz. Ebenso ist es, wenn sie den Eindruck haben: Es fällt niemand auf, ob ich mich anstrenge oder nicht.
Zu ähnlichen Ergebnissen wie Ringelmann kam 1957 der englische Soziologe Cyril Northcote Parkinson. Er untersuchte die Arbeitsleistung der Mitarbeiter des Britischen Marineministeriums, das ursprünglich das gesamte britische Empire verwaltete. Nach dessen Zerfall reduzierte sich die Mitarbeiterzahl des Ministeriums nicht. Im Gegenteil: Sie erhöhte sich. Daraus schloss Parkinson: Die Mitarbeiterzahl einer Organisation korreliert nur bedingt mit deren Arbeitsvolumen. Und: Wenn wenig Arbeit da ist, dann suchen sich die Mitarbeiter selbst irgendwelche scheinbar sinnvollen Beschäftigungen – zum Beispiel Akten verwalten.

Zeit haben, Zeit brauchen
Zu ähnlichen Befunden gelangen viele Unternehmen, wenn sie die Arbeitsleistung ihrer Mitarbeiter untersuchen, ist Unternehmensberater Roland Jäger überzeugt. „Wie viel Zeit Mitarbeiter für gewisse Aufgabe brauchen, hängt stark davon ab, wie viel Zeit ihnen zur Verfügung steht. Sie wird schlicht verbraucht.“ Und noch etwas fällt laut Jäger im Arbeitsverhalten vieler Mitarbeiter auf: Sie investieren ihre Zeit vor allem in Tätigkeiten, die von anderen Menschen wahrgenommen sowie belohnt und sanktioniert werden – unabhängig davon, ob sie für das Unternehmen wichtig sind. Dieses Phänomen beobachtete auch Parkinson bei seinen Untersuchungen im Britischen Marineministerium.
Gegen diese natürlichen Verhaltensmuster ihrer Mitarbeiter müssen Führungskräfte immer wieder ankämpfen. Laut Irena Fiedler, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens EQ Dynamics International, sollten Führungskräfte stets dafür sorgen, dass ihre Mitarbeiter spüren: Meine Leistung wird registriert. Des Weiteren: Besonderes Engagement wird belohnt und Faulenzerei sowie Schlamperei werden bestraft. Außerdem sollten sie versuchen, „Erfolgsgemeinschaften“ zu schaffen. „Jedes Teammitglied muss das Gefühl haben: Wir sitzen alle im selben Boot. Wenn unsere Leistung topp ist, profitiere auch ich davon.“ Managementberater Jäger rät zudem: „Rütteln Sie Ihre Mitarbeiter und Teams regelmäßig auf. Sonst verfallen sie in lähmende Routinen. Starten Sie immer wieder Initiativen, die Ihre Mitarbeiter motivieren, sich besonders anzustrengen.“

Auch Teams müssen regelmäßig „abspecken“
Wichtig ist laut Unternehmensberater Kraus auch, regelmäßig die Geschäftsprozesse zu analysieren. „Denn jede Organisation neigt dazu, Speck anzusetzen. Deshalb sind alle zwei, drei Jahre Diät-Kuren nötig.“ Eine solche „Diät“ kann zum Beispiel wie folgt aussehen: Die Führungskraft kappt scheinbar willkürlich die Ressourcen eines Teams. Das zwingt die Mitarbeiter dazu, sich zu überlegen: Wie können wir uns und unsere Arbeit so organisieren, dass wir mit den noch vorhandenen Ressourcen auskommen? So werden oft neue effizienzsteigernde Ideen geboren. Und wenn die Kürzungen sich als übertrieben erweisen sollten? „Dann können die gestrichenen Ressourcen ja wieder freigegeben werden“, betont Kraus.

 

Tipps gegen „Soziales Faulenzen“
„Soziales Faulenzen“ – auch als Social Loafing bekannt – kann überall dort auftreten, wo Menschen im Team Leistung bringen müssen. Folgende Maßnahmen sollen helfen, Soziales Faulenzen zu reduzieren.

-         jedem Teammitglied muss seine Bedeutung und Wichtigkeit für das Team bewusst gemacht werden

-         das Verantwortungsgefühl der einzelnen Teammitglieder gegenüber der Gruppe und dem Unternehmen muss erhöht werden

-         ein Erfolg des Teams muss auch für den Einzelnen positive Konsequenzen haben

-         es müssen sowohl individuelle als auch Teamziele gesetzt werden. Dabei soll jedes Teammitglied einen individuellen Beitrag leisten, den sonst kein anderer übernimmt.

-         Die Teammitglieder sollen bestärkt werden ihre Einzelmeinungen in das Plenum einzubringen.

 

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