Mittwoch, April 30, 2025

Smart und Digitalisierung gehen Hand in Hand – so das zentrale Thema beim Digitalisierungsforum von Siemens in Graz. Anhand des Science Towers wurde gezeigt, wie intelligent ein Gebäude sein kann.

Digitalisierung bildet einen Schlüsselfaktor in der Wirtschaft, zunehmend auch im Sektor Bau. Genug Stoff für das Digitalisierungsforum in Graz, das über die Arbeiten von Siemens rund um Bau-Digitalisierung und Energieoptimierung informierte. Konstantinos Kessoudis, in der Zentralen Technik der Strabag: »Der noch geringe Digitalisierungsgrad in der Baubranche liegt an der Kleinteiligkeit der Unternehmen und den ständig wechselnden Partnern.« Fehlende übergeordnete Digitalisierungsrichtlinien und Mangel an gemeinsamem Verständnis für digitale Zusammenarbeit führen zur bestehenden Situation: Die Baubranche hinkt der Digitalisierung hinterher. Die Folge: redundante Prozesse bei der Dateneingabe, hohe Informationsverluste beim Datenaustausch und daraus resultierend Fehler und Mehraufwände, die vermeidbar wären. Österreich hebt sich dabei laut Kessoudis nicht von den anderen zentraleuropäischen Ländern ab.

Digitalisierung begleitet

»Wir haben uns als Vision gesetzt, sämtliche Gebäude und öffentliche Einrichtungen in der Steiermark und Kärnten sicher und energieeffizient zu machen«, blickt Thomas Zenz, Leiter Building Technologies Kärnten, in der Grazer Liszthalle auf die Siemens-Zukunft. Die Lokalität war bewusst gewählt, liegt sie doch direkt beim Science Tower, dem digitalen Leuchtturmprojekt in Graz, der sich in der Bau-Endphase befindet. Siemens begleitet das Projekt u.a. mit Desigo CC. Damit werden die Daten des Towers gemanagt, das Energiesystem energrid der Firma SFL technologies, die den Science Tower errichtet hat, baut darauf. Es verbindet alle Firmenstandorte und sorgt für optimiertes Energiemanagement. Großflächige Photovoltaik auf Fabrikshallen von SFL technologies sowie Solar- und Geothermie kompensieren energieintensive Maschinenparks und verbessern damit die Energiebilanz.

Bild oben: Mit Energieglas sollen Glasflächen substituiert werden – Fenster, Fassaden, aber auch Innenraumanwendungen wie Tischplatten und Möbel.

Der Science Tower, der die Forschung der letzten Jahre widerspiegelt, ist ebenfalls integriert. Er präsentiert Wärmepumpen ebenso wie Sprinklerbecken, die als Wärmespeicher dienen, E-Mobilität, Wasserstofftechnologie, Urban Gardening durch das warme Kleinklima der Bio­sphäre am Dach, LED-Technologie bis zu Nachtventilation und – das Innovativste: Energieglas. Das ist eine Technologie, die beim Tower mit knapp über 2.000 m2 erstmals großvolumig zum Einsatz kommt. Es besteht aus zwei nanobeschichteten aneinanderliegenden Glasscheiben, deren Zwischenraum mit einem farbigen Elektrolyt gefüllt ist. Dieses arbeitet nach dem Prinzip der Photochemie, d.h. chemische Reaktionen werden durch die Einwirkung von Licht initiiert.

Ähnlich der Photosynthese bei Pflanzen wird Sonnenlicht in elektrische Energie umgewandelt. In der industriellen Fertigung werden aktuell vier bis zehn Prozent Energieeffizienz erreicht. Das Energieglas wandelt Licht von beiden Seiten in elektrische Energie um und ist im Gegensatz zu konventioneller PV unempfindlich gegenüber Erwärmung. Grätzel-Zellen, so der Fachterminus, arbeiten auch bei schwächerem Licht gut, müssen daher nicht wie konventionelle PV immer nach Süden ausgerichtet sein. Durch die Schwachlicht-Erntefähigkeit ist die gesamte Ernteeffizienz größer als von klassischer PV. Bei Raumlicht besteht ein Wirkungsgrad von 26 Prozent. Energieglas mit einer Fläche von einem Quadratmeter hat eine spezifische Leis­tung von 40 Watt bei 60 Prozent Transparenz und bringt damit pro Jahr ca 60 kWh. Der Degradationseffekt liegt über die Jahre bei 1,2 Prozent. Die Grätzel-Zelle ist viel einfacher aufgebaut als klassische Photovoltaik. »Daher kostet sie auch nur etwa ein Zehntel von kristalliner PV«, betont Mario J. Müller, CTO und CSO von SFL technologies. »Wir möchten möglichst alle Glasflächen mit Energieglas ersetzen, sowohl Fenster und Fassaden als auch in der Innenraumanwendung.« Energiemöbel sollen als Ladestation für Smartphones oder Tablets via USB dienen.

Weitere Highlights

Die Grätzel-Zelle ist nur ein smarter Faktor des Science Tower. Innovativ und nachhaltig ist auch der Sonnenschutz. Mehrere Sonnenschutzsysteme sind vernetzt und bewegen sich entsprechend dem Sonnenstand um den Turm. Damit sind nur zehn Motoren nötig statt 320, denn so viele Fenster gibt es. Die Sonnenschutzelemente sind in Dünnglas gekapselte, flexible PV-Paneele, die in einer Distanz von 50 cm vor die Fenster gesetzt werden, damit seitlich natürliches Licht einfallen kann, gleichzeitig aber Beschattung gesichert ist. Die Energie wird direkt in den Büros genutzt. Die Versorgung erfolgt effizient teils über Gleichstrom ohne die leistungsmindernde Umwandlung in Wechselstrom. Energieproduzenten sind auch die Aufzüge durch Rekuperation.

Neben solarer Energie wird künftig auch über Windturbinen Energie gewonnen. Als elektrische Energiespeicher dienen neu konfigurierte gebrauchte e-motive-Batterien. Die Geothermie-Anlage mit zwölf Erdwärmesonden, je 200 m tief und 2,4 km lang, sorgt für Kühlung im Sommer und wärmt im Winter. Gebäudekühlung bietet auch das Prinzip der Nachtlüftung. Die von SFL entwickelte CVG Technologie – CVG steht für Chemisch Vorgespannte Gläser – erlaubt die ultraleichte und dennoch hochbelastbare Ausführung von großflächigen Fassadenglaselementen. Das Beleuchtungskonzept, das gemeinsam mit Zumtobel entwickelt wurde, setzt auf eine Trennung von Grund- und Arbeitsplatzbeleuchtung und damit auf Lichtreduktion.

Der Science Tower ist Teil des Grazer Smart Grids, bei dem gebäudeübergreifend einzelne Energieerzeuger, -verbraucher und -speicher zu einem intelligenten Netzwerk verknüpft werden. Dazu zählt auch der SFL-Biobooster, der aus biologischem Abfall Biomasse für die Biogasproduktion aufbereiten kann. Für den Notfall steht im Keller ein mit Biodiesel betriebenes Notstromaggregat bereit.

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