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Die Bauwirtschaft ist eine der Schlüsselbranchen Österreichs. Weit abgeschlagen ist sie dagegen bei Image und Reputation. Warum das so ist und wie sich die Situation verbessern lässt, darüber diskutierten Gewerbe, Handel und Industrie am 12. Oktober 2016 beim 2. VÖTB-Forum in Salzburg.

Der VÖTB ist die freiwillige Interessenvertretung der österreichischen Stuckateur- und Trockenausbauunternehmen. Mit seinen rund 80 Mitgliedern setzt er sich für hohe Qualitätsstandards, umfassende Aus- und Weiterbildung, das Bestbieterprinzip und Fairness am Bau ein.

„Auch wenn der Trockenbau immer noch als Baunebengewerbe geführt wird, hat er sich in den letzten 10 Jahren zu einem zentralen Gewerk im Hochbau entwickelt“, unterstrich Verbandspräsident Gregor Todt die Bedeutung der Branche. „Trockenbau ist maßgeblich beteiligt an Brandschutz und Schallschutz, an der Akustik und – für alle sichtbar – an der architektonisch ansprechenden Gestaltung von Decken und Wänden in Gebäuden.“

Womit die österreichischen Trockenbau-Unternehmen hart zu kämpfen haben, ist ein seit Jahren sinkendes Preisniveau, damit verknüpft das viel kritisierte Sub-Sub-Unternehmertum mit mangelnder Ausbildung vieler Verarbeiter. Die zahlreichen Qualitätsmängel in der Ausführung beeinträchtigen die Reputation einer ganzen Branche. Todt: „Wir müssen wieder zu angemessenen Preisen im Trockenbau finden, damit Unternehmen auch wieder in Aus- und Weiterbildung, qualifiziertes Fachpersonal und detailgenaue Ausführung investieren können. Dazu müssen sich Auftraggeber und Auftragnehmer an einen Tisch setzen und faire Bedingungen für alle herstellen.“

Gemeinsamkeit statt Alleinstellung

Dass eine gute Reputation in diesem Zusammenhang unverzichtbar ist, betonte Dr. Erhard Busek in seiner Eröffnungsrede. Nur über die Leistungsfähigkeit von Materialien oder Bausystemen zu sprechen, genüge längst nicht mehr. Vielmehr sei entscheidend, wie ein Produkt aufgefasst werde und welches Lebensgefühl damit einhergehe. Damit schlug er auch schon die Brücke zur Architektur. Busek: „Macht braucht Verpackung. Macht inszeniert sich immer. Die Architektur lebt sehr stark davon, dass Macht gezeigt wird.“

In Salzburg sei diese Inszenierung besonders deutlich zu erkennen, so Busek. „Früher waren es Kirchen und Fürstenhäuser, später dann vor allem Banken und Versicherungen.“ Diese Gebäude sind – so der frühere Politiker – Ausdruck eines Lebensgefühls und einer sehr hierarchischen Gesellschaft. Für die Gegenwart fordert Busek in weiterer Folge einen völlig neuen wirtschaftspolitischen Zugang: „Es geht nicht um Alleinstellungsmerkmale, wie sie heute so gerne gesucht werden, sondern um Zusammengehörigkeitsmerkmale.“ Das Gemeinsame müsse wieder mehr in den Mittelpunkt rücken. So müssten die Bauschaffenden auch verstehen, dass der Trockenbau ein Schlüsselgewerk am Bau und damit Schnittstelle für viele andere Gewerke ist.

Planen kommt vor Bauen

Einen für alle Bauschaffenden sehr kritischen Punkt sprach Architekt  Heinz Priebernig in seinem Vortrag über nachhaltiges Bauen an – die mangelnde Planung vor Baubeginn. Aufgrund des Zeitdrucks komme es vor allem bei Großprojekten dazu, dass Bauherren Verträge auf Grundlage nicht fertig abgeschlossener Planungen abschließen – mit allen Problemen, die daran anschließen: ständiges Um- und Neuplanen, Zeitverzögerungen und Kostenüberschreitung.

„Diese Tendenz zur baubegleitenden Planung ist auch für die Trockenbauunternehmen ein ernsthaftes Problem“, betont VÖTB Präsident Gregor Todt. „Öffentlich wird dann nur noch über Mängel in der Errichtungsphase und im fertigen Gebäude diskutiert. So führt mangelnde Planung nicht nur zu Baukosten- und Bauzeitüberschreitungen, sondern vor allem zu einer Beschädigung der Reputation aller Beteiligten.“ Einen Ausweg aus dieser Sackgasse sieht Priebernig in der Wiederentdeckung ambitionierter Bauherren, der Entbürokratisierung des Gewerbes, der Ausweitung des Bestbieterprinzips und der Einbindung von Betriebskosten als Vergabekriterium.

Höhere Qualität auf allen Ebenen – von der Planung bis zur Ausführung, von der wertschätzenden Zusammenarbeit unter allen Baubeteiligten bis zur Einbindung der späteren Gebäudenutzer – das müsse Ziel aller Bauschaffenden sein. Darüber waren sich alle Vortragenden und Diskussionsteilnehmer dieses Abends einig. VÖTB Präsident Todt sieht darin einen klaren Auftrag für seinen Verband: „Qualität ist das Thema der Zukunft und entscheidend für die Reputation unserer Branche.“

Weitere Vortragende des 2. VÖTB Forum waren Julia Wippersberg, APA und Uni Wien, die sich dem Thema aus theoretischer Sicht näherte, sowie Roman Horvath, Master of Wine des Weinguts Domäne Wachau. Die Weinbranche kann als Best Practice Beispiel dienen, wie man aus einem Qualitätsskandal gestärkt hervorgehen und weltweit zu höchster Reputation gelangen kann.

An der Diskussion über den Zusammenhang von Qualität und Reputation der Bauwirtschaft beteiligten sich Bernhard Kopf/gswb,. Johann Padutsch/Stadtrat für Raumplanung und Baubehörde Salzburg, Bernd Wiltschek/BIG, Leiter Unternehmensbereich Schulen, Friedrich Schneider/Universität Linz und Verbandspräsident Gregor Todt.
 
Die einhellige Schlussfolgerung aller Teilnehmer am Ende dieses Tages: Gute Qualität kommt vor guter Reputation. Schönreden lässt sich nichts.

 

 

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